Was kann man gegen die Inflation tun? Angesichts der hohen Preissteigerung (Inflationsrate aktuell: 6,4 Prozent im Juni 2023 gegenüber dem Vorjahresmonat) fragen sich viele Menschen, wie sie auf die hohe Inflation …
Für Sparer waren Nullzins und Negativzins in den letzten Jahren zu einer großen Belastung geworden – gerade in Kombination mit der hohen Inflation. Wenn alles teurer wird, aber die Ersparnisse auf dem Sparkonto nicht mehr werden, bedeutet das einen gewaltigen Kaufkraftverlust. Das Geld ist also immer weniger wert.
Doch längst ist zu beobachten, dass die Zinsen steigen. Die Bank of England hat seit November 2021 bereits mehrmals die Leitzinsen erhöht, auch die US-Notenbank Fed hat Mitte März 2022 die erste Zinserhöhung vorgenommen und seitdem zehn weitere Leitzinserhöhungen vorgenommen. Anleger und Investoren fragen sich dabei: Wann wird der Leitzins wieder erhöht?
Nach 10 Zinserhöhungen in Folge hatte die US-Notenbank Mitte Juni zunächst eine Pause eingelegt und erst am 26. Juli 2023 erneut den Leitzins erhöht. Auch im September 2023 verzichtete die Fed auf eine Zinserhöhung. Die Währungshüter der Fed rechnen aber mit weiteren Erhöhungen in diesem Jahr, für die nähere Zukunft rechnen sie mit einem Zinsniveau von 4,6 % (2024) und 3,4 % (2025) für den Dollar-Leitzins. Die nächste FED-Zinsentscheidung ist am 01. November 2023.
EZB: Leitzins aktuell bei 4,5 % p.a.
Ein höherer Leitzins für den Euro galt zuletzt 2008 - vor der weltweiten Finanzkrise. Die EZB hat seit dem Ende der Nullzinsphase folgende Zinserhöhungen für den Leitzins vorgenommen:
- am 21. Juli 2022 um 0,5 Prozentpunkte auf 0,5 % p.a.,
- am 08. September 2022 um 0,75 Prozentpunkte auf 1,25 % p.a.,
- am 27. Oktober 2022 um 0,75 Prozentpunkte auf 2,0 % p.a.,
- am 15. Dezember 2022 um 0,5 Prozentpunkte auf 2,5 % p.a.,
- am 2. Februar 2023 um 0,5 Prozentpunkte auf 3,0 % p.a.,
- am 22. März 2023 um 0,5 Prozentpunkte auf 3,5 % p.a.
- am 10. Mai 2023 um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 % p.a.
- am 15. Juni 2023 um 0,25 Prozentpunkte auf 4,0 % p.a.
- am 27. Juli 2023 um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 % p.a.
- am 14. September 2023 um 0,25 Prozentpunkte auf 4,5 % p.a.
Die nächste EZB-Zinsentscheidung ist am 26. Oktober 2023 geplant.
Der Zinssatz im Euroraum ist somit immer noch geringer als der Fed-Leitzins für den US-Dollar (5,50 % p.a.).
Welche Folgen haben solche Leitzinserhöhungen?
Anleihen: Was gibt es für Zinsen?
Höhere Zinsen wirken sich auf Anleihen direkt aus. Schließlich ist die Frage „Was gibt es für Zinsen?“ eine zentrale Frage für den Kauf von Anleihen. Anleger haben bei steigenden Zinsen die Chance auf einen höheren Zinskupon, wenn sie Staaten oder Unternehmen Geld leihen.
In einer Phase von Zinserhöhungen wirkt sich das zunächst negativ auf bereits bestehende Anleihen aus, bei denen niedrigere Zinsen vereinbart sind. Denn: Anleger haben keinen Anreiz, diese Anleihen zu kaufen – deswegen sinken an den Kapitalmärkten die Kurse, damit am Ende die Rendite von den neu begebenen Anleihen mit höherem Kupon und den “alten” Anleihen mit niedrigerem Kupon identisch ist.
Langfristige Anleihen trifft das besonders stark, so ist beispielsweise im vergangenen Jahr der Kurs von 10-jährigen US-Anleihen um rund 15 % gefallen. growney hat bewusst nur in kurzfristige Anleihen investiert.
Gefragter als bestehende Anleihen sind hingegen neu aufgelegte Anleihen mit höheren Zinsen. Das Interesse dürfte sich aber in Grenzen halten, wenn klar ist, dass die Zinsen in den nächsten Monaten weiter steigen werden.
Immobilien und Immobilienmarkt
Durch die Niedrig- bzw. Nullzinsphase waren Immobilien als Renditeobjekt in den letzten Jahren sehr stark als Alternative gefragt. Durch regelmäßige Mietzahlungen gibt es gesicherte Erträge, so die Hoffnung – mehr als es in Minizins-Zeiten für Anleihen gab. Gerade institutionelle Anleger wie große Kapitalanlagegesellschaften oder Pensionsfonds haben Immobilien als Alternative zu Anleihen oder anderen Festzinsprodukten gesehen. Das hat zu verstärkter Nachfrage im Immobiliensegment geführt.
Mit den wahrscheinlich steigenden Zinsen dürfte ein langsamer Rückzug dieser Anleger aus dem Markt beginnen. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass die Finanzierung von Immobilien teurer wird, weil die Bauzinsen steigen. Für alle, die sich eine Immobilie kaufen wollen, heißt es also: höhere Zinsen einkalkulieren.
Wahrscheinliche Folge einer Kombination aus höheren Bauzinsen und dem langsamen Ausstieg von Investoren aus dem Immobilienmarkt, die nur wegen der mangelnden Alternativen im Anleihen- und Festzinsbereich überhaupt in Immobilien investieren: Die Immobilienpreise könnten ihr Hoch bereits erreicht haben, in Städten wie München sind die Preise im vergangenen Jahr sogar schon leicht gefallen. Grund dafür: Das Angebot wird tendenziell größer und die Nachfrage kleiner.
Doch: Der Immobilienmarkt wird nicht allein durch die Frage „Was gibt es für Zinsen“ bestimmt. Der starke Preisanstieg bei Baustoffen und Handwerkerleistungen könnte den Neubau bremsen (und damit das Angebot wieder vermindern). Zudem ist gerade in beliebten Großstädten die Nachfrage nach Wohneigentum ungebrochen hoch – das dürfte die Preisentwicklung weiter beeinflussen.
Für alle, die eine Immobilie finanzieren wollen oder für Immobilienbesitzer, bei denen eine Anschlussfinanzierung bevorsteht, werden aber mit großer Wahrscheinlichkeit weiterhin die Bauzinsen steigen.
Euro und US-Dollar: Entwicklung des Wechselkurses
Der unterschiedliche Leitzins der EZB und der Leitzins der Fed führte dazu, dass der US-Dollar insbesondere im vergangenen Jahr gefragter war als der Euro. Durch den Krieg in der Ukraine wurde das noch verstärkt, weil der Dollar allgemein als sichere Krisenwährung gilt.
Die US-Zentralbank Fed hatte bei der Erhöhung der Zinsen 2022 deutlich mehr Tempo gezeigt als die EZB. Teilweise erreichte der US-Dollar bereits die Parität zum Euro: Das heißt für einen US-Dollar gab es an den Märkten einen Euro. Allerdings ist die Spekulation auf Wechselkurse von Währungen sehr riskant. Fällt der Dollarkurs anschließend, kann der Zinsvorteil oder eventuelle Kursgewinne schnell wieder verloren werden.
Dies war beispielsweise nach der Coronakrise so. Der Dollar war während des Kurseinbruchs im März 2020 stark gestiegen, fiel anschließend binnen eines Jahres um mehr als 8 Prozent. Wer als Euro-Anleger damals ein gutes Zinsangebot in US-Dollar wahrnahm (z.B. 2 % p.a.), hatte durch die Wechselkursschwankungen trotzdem ein deutliches Minus im Depot. growney investiert aufgrund dieses Wechselkurs-Risikos übrigens ausschließlich in Euro-Anleihen.
Dass die US-Notenbank Fed Mitte Juni eine Zinspause einlegte, während ie EZB den Leitzins erneut erhöht hat, wirkte sich zugunsten des Euro aus. Der US-Dollar verlor im Wechselkurs-Verhältnis an Wert.
Fed-Leitzins und EZB-Leitzins: Die Unterschiede
Mittlerweile ändert sich die Entwicklung. Experten rechnen damit, dass die Leitzinserhöhungen in den nächsten Monaten in den USA geringer ausfallen werden. Auch die Bank of England hat angedeutet, dass sie das Tempo der Leitzinserhöhungen verringern will. Möglicherweise könnte es Ende 2023 sogar wieder die ersten Zinssenkungen geben. Aktuell sind die Leitzinsen in den USA aber immer noch höher als im Euroraum oder in Großbritannien:
- Fed-Leitzins (US-Dollar): 5,25 bis 5,50 % p.a.
- Leitzins der Bank of England (Pfund): 5,25 % p.a.
- Leitzins der EZB (Euro): 4,5 % p.a.
Der Leitzins definiert, zu welchem Zinssatz Banken sich Geld bei der Notenbank leihen können. Höhere Zinsen geben Banken entsprechend bei Krediten an Firmen oder Privatkunden weiter. Eine Leitzinserhöhung wirkt sich deshalb deutlich auf das Kreditgeschäft zwischen Banken und ihren Kunden aus.
Bitcoin und andere Kryptowährungen
Anders als der US-Dollar hat sich Bitcoin bisland nicht als Krisenwährung etabliert. Die größte Kryptowährung bleibt vor allem ein Spekulationsobjekt. Zwischenzeitlich hatten einige Anleger wohl gehofft, Bitcoin sei infolge der Sanktionen gegen Russland besonders stark gefragt. Wenn im großen Stil Vermögenswerte aus Russland in Bitcoin getauscht würden, würde sich das positiv auf den Bitcoin-Kurs auswirken, so die Hoffnung vieler Krypto-Investoren.
Viele Krypto-Börsen haben aber den Handel für Anleger aus Russland gestoppt – und so bleibt der Bitcoin-Kurs weit unter seinem Allzeithoch aus dem November 2021. Wer damals für rund 68.500 US-Dollar einen Bitcoin kaufte, verbuchte anderthalb Jahre später rund 44.000 US-Dollar Verlust. Das ist ein Minus von fast 65 %.
Durch höhere Zinsen könnte dem Markt für Kryptowährungen zudem Liquidität entzogen werden. Bei der Spekulation auf steigende Kurse von Bitcoin und anderen Coins war in den letzten Jahren ein entscheidender Faktor, dass Anleger so gut wie keine Möglichkeit hatten, das Geld zu attraktiven Zinsen anzulegen. Das hat sich mittlerweile geändert.
Aktien: Wie wirken sich steigende Zinsen aus?
Tendenziell können steigende Zinsen auch die Liquidität der Aktienmärkte verringern. Denkbar ist, dass Anleger lieber in Anleihen investieren, wenn es höhere Zinsen gibt. Gegenüber Bitcoin, Währungsspekulation, Gold- oder Rohstoff-Investments haben Aktien allerdings einen entscheidenden Vorteil: Sie werfen regelmäßige Erträge ab, weil Anleger über Dividenden an den Unternehmensgewinnen beteiligt sind.
Hinzu kommt: Angesichts der hohen Inflation dürfte der Realzins vieler Anleihen nämlich weiter negativ sein. Der Realzins berücksichtigt die Kaufkraftentwicklung: Gibt es für eine Anleihe 2,0 % Zinsen pro Jahr bei einem gleichzeitigen Preisanstieg von jährlich 5 %, so beträgt der Realzins -2,86 %. Da bei Aktien-Investments durch Kursanstieg und Erträge deutlich höhere Renditen denkbar sind, ist hier der Realzins also potenziell positiv. Insofern dürften sich weniger Anleger durch die ersten Zinsschritte dazu verleiten lassen, Anleihen-Investments zu bevorzugen.
Wie bei Immobilien gilt aber auch für Unternehmen: Finanzierungen werden durch höhere Zinsen teurer. Wollen Firmen sich für Entwicklung neuer Produkte bzw. Technologien oder für andere Projekte Geld leihen, so werden sie dafür in der Zukunft mehr Zinsen bezahlen müssen als bisher. Das trifft gerade Unternehmen mit hohem Investitionsbedarf besonders stark und drückt auch deren Aktienkurse. Wenn mehr Geld für die Rückzahlung von Krediten aufgewendet werden muss, bleibt logischerweise entsprechend weniger als Unternehmensgewinn übrig.
Aus diesem Grund reagieren Aktienkurse von Technologieunternehmen oder anderen Firmen, die auf Finanzierungen ihres Geschäfts bzw. zur Entwicklung neuer Produkte angewiesen sind, besonders stark auf die Zinsentwicklung.
Inflation: Was bringen Zinserhöhungen?
Die Inflation ist der Hauptgrund, warum die Notenbanken derzeit mit Zinserhöhungen reagieren. Getrieben wird der starke Preisanstieg nämlich vor allem durch zwei Faktoren:
- Erstens die Energiepreise und
- zweitens die höhere Nachfrage bei gleichem oder leicht verringertem Warenangebot.
Zinserhöhungen sind dabei eine Möglichkeit, die Nachfrage leicht zu verringern. Dann entsteht ein Anreiz, das Geld lieber zur Seite zu legen und dafür Zinsen zu erhalten, anstatt es auszugeben. Dafür ist ein Kriterium besonders wichtig: Was gibt es für Zinsen?
Ist die Inflation deutlich höher als die Zinsen, scheint es für Konsumenten naheliegender, das Geld schnell auszugeben bevor die Preise weiter steigen und so die persönliche Kaufkraft sinkt. Das verstärkt zusätzlich den Effekt der steigenden Nachfrage.
Wird der Leitzins erhöht, so kann die Nachfrage leicht sinken. Die Hoffnung der Notenbanken: Die Inflation wird nach und nach wieder sinken. Als Inflationsziel gibt die EZB eine Preissteigerung von maximal 2 % an.
Kleinere Zinserhöhungen werden allerdings wenig Auswirkung auf die Inflation haben, weil die Realrendite (Zinssatz bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Preisentwicklung) weiterhin negativ bleiben wird.
Zinsentwicklung und Geldanlage
Was bedeutet die Zinsentwicklung jetzt für mittel- und langfristig orientierte Privatanleger? Klar ist, dass an den Aktienmärkten durch die wirtschaftliche Entwicklung weiterhin eine attraktive Rendite möglich ist. Sowohl durch ordentliche Erträge als auch durch die Kursentwicklung.
Gerade ein Blick auf die erste und zweite Ölkrise (1973 sowie 1979/80) zeigt, dass die Märkte langfristig keinen Schaden genommen haben. Auch damals galt es für die Notenbanken im Spannungsfeld von Inflation und drohender geringer Wirtschaftsleistung zu agieren.
Es macht deshalb Sinn, die aktuelle Entwicklung in Ruhe abzuwarten. Es ist absehbar, dass die Notenbanken mit der weiteren Zinsentwicklung vor allem die steigende Inflation bekämpfen wollen.
Gerade wer für die Altersvorsorge oder Vermögensaufbau spart oder andere mittel/langfristige Ziele verfolgt, sollte sich also weiter auf die eigenen Ziele konzentrieren:
-
Hat sich an der eigenen Situation oder den finanziellen Zielen für die Zukunft etwas geändert?
-
Welchem Zweck gilt die Geldanlage?
-
Passt die Anlagestrategie noch zu mir und meinen Zielen?
(Für growney-Kunden wird dies in regelmäßigen Abständen automatisch überprüft)
Angesichts der Inflation macht es aber Sinn, bei den eigenen Zielen eine gewisse Preissteigerung einzukalkulieren. Bestes Beispiel dafür ist das Thema Altersvorsorge und Rente.
Preissteigerung: Beispiel für die Rente
Wer in 15 oder 20 Jahren in Rente geht, sollte mit einbeziehen: Wie viel ist das Geld dann noch wert?
Beispiel: Wer in 15 Jahren 1.200 Euro Rente hat, kann dafür deutlich weniger kaufen als heute. Bei durchschnittlich 2 % Inflation pro Jahr lassen sich dann nämlich mit 1.200 Euro Rente nur noch Dinge kaufen, die heute 892 Euro kosten. Die Kaufkraft ist um rund ein Viertel gesunken. Bei 4 % Inflation pro Jahr sinkt die Kaufkraft sogar auf 666 Euro.
Damit die Rente in 15 Jahren noch die Kaufkraft von heutigen 1.200 Euro hat, müsste sie 1.615 Euro (bei 2 % Inflation p.a.) bzw. 2.161 Euro betragen (bei 4 % Inflation p.a.).
Zur eigenen Absicherung im Alter macht es also großen Sinn, die Finanzziele anzupassen und für später entsprechend mehr Geld zurückzulegen. Bei growney lassen sich Sparpläne übrigens jederzeit anpassen, also erhöhen, senken oder aussetzen. Der Rentenrechner zeigt Ihnen außerdem, wieviel private Zusatzrente mit einer ganz flexiblen Geldanlage möglich ist.