Das Bild zeigt das Straßenschild der Wall Street.

Warum die Deutschen Aktienmuffel sind – es aber nicht bleiben sollten

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27. Januar 2019 // Geldanlage

Mit Aktien lässt sich über die Jahre ein stattliches Vermögen aufbauen. Wer auf börsengehandelte Indexfonds setzt, dem gelingt das sogar ohne viel Hintergrundwissen oder das mit Einzelinvestments verbundene Risiko. Aber viele Bundesbürger mögen keine Aktien. Das hat zwar seinen Grund. Doch damit lassen Sie sich viel Geld entgehen.

Dieser Satz hat sich ins kollektive Gedächtnis der Deutschen eingebrannt: „Die Telekom geht an die Börse und ich gehe mit.“ Der mittlerweile verstorbene Tatort-Kommissar Manfred Krug warb Mitte der 1990er-Jahre bei Privatanlegern für die neue Volksaktie [1]. Mit Erfolg: Der Hype war enorm, viele wollten die Aktie haben. Während der Aktienkurs anfänglich bei umgerechnet etwa 14,50 Euro stand, schoss er in den Folgejahren in die Höhe, um Anfang 2000 die 100-Euro-Marke zu knacken – nur um dann steil abzustürzen.

Das Papier wurde ein Opfer dessen, was unter dem Begriff Dotcom-Blase in die Geschichtsbücher eingegangen ist [2]: Nicht nur die T-Aktie, auch zahlreiche junge Internetunternehmen wagten den Börsengang – und ihre Kurse fielen ebenfalls. Viele Investoren verloren Geld.

Ein Volk von Aktienmuffeln

Dies ist wohl einer der Gründe, warum die Deutschen keine Aktien (mehr) mögen. Indes: Schon Anfang der 1960er-Jahre hatte der damalige Wirtschaftsminister Ludwig Erhard versucht, die Bundesbürger am Produktivbesitz zu beteiligen und dafür geworben, Aktien von Volkswagen, Veba (heute Eon) und Preussag (heute Tui) zu kaufen. Keine ganz schlechte Idee: Wer vor 20 Jahren anstatt der T-Aktie zum Beispiel die VW-Aktie zu umgerechnet 25 Euro [3] kaufte, kann sich heute über eine hohe Rendite freuen: Der Kurs steht aktuell bei etwa 150 Euro.

Die meisten Deutschen haben davon aber nichts. Nur knapp die Hälfte der Dax-Aktien liegt in inländischen Depots. [4] Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sind wir damit richtige Aktienmuffel. Gerade einmal 4,9 Millionen Bundesbürger besaßen 2017 Aktien. Zählt man Aktienfondsbesitzer dazu, die indirekt ebenfalls Aktionäre sind, kommt man immerhin auf zehn Millionen – 15,7 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahre. [5] Zum Vergleich: Unter den US-Amerikanern besitzt jeder Vierte Aktien, in den Niederlanden ist mit 30 Prozent sogar fast jeder dritte Aktionär, ohne Aktienfondsbesitzer. [6]

Wie kommt es, dass in anderen Ländern die Scheu vor dem Kapitalmarkt geringer ist? Der Fall T-Aktie war eine deutsche Angelegenheit, die Dotcom-Blase haben dagegen alle Industrieländer zu spüren bekommen. Sicher spielt auch der starke Glaube an den Generationenvertrag eine Rolle, während in ansderen Ländern, zum Beispiel in den USA, die Alterssicherung über den Kapitalmarkt eine deutlich höhere Bedeutung hat, wie Börsen-Aufsichtsratschef Joachim Faber einmal erklärte. [7]

Geduld zahlt sich aus - Aktienmuffel zu bleiben dagegen nicht

Tatsächlich hätte man auch mit der T-Aktie viel Geld verdienen können: Wer sich das Papier erst nach dem Absturz ins Depot gelegt hat, für den hat sich der Kurs seitdem zwar kaum verändert, aber er hat von den regelmäßigen Ausschüttungen profitiert. Die Dividende fiel nämlich bis auf die Jahre 2003 und 2004 stets stattlich aus und lag immer zwischen drei und acht Prozent.

Eine Untersuchung des Analysehauses Morningstar bestätigt zudem die hohen Renditechancen von Aktien: Die Finanzprofis haben den weltweiten Aktienindex MSCI World, der 1600 Aktien aus mehr als 20 Industrieländern umfasst, 46 Jahre lang beobachtet. Ihre Erkenntnis: Wer die Aktien dieses Index nur ein Jahr innerhalb dieser Zeitspanne im Depot hatte, konnte im schlimmsten Fall 40 Prozent Verlust einfahren – im besten Fall aber 65 Prozent Gewinn. [8]

Je länger die Haltedauer, desto mehr gleichen sich der ungünstigste und der günstigste Fall einander an. Über eine Haltedauer von 14 Jahren hätte der schlimmste Verlust, der in dieser 46-jähigen Beobachtungsphase eingefahren werden konnte, bei null Prozent, der bestmögliche Gewinn bei knapp 15 Prozent gelegen – per annum. Aktionäre mit 20 Jahren Geduld hätten im glücklichsten Fall mit 15,8 Prozent Rendite im Jahr erzielt, im schlechtesten Fall 2,8 Prozent – was bedeutet, dass aus 10.000 Euro trotzdem 17.300 Euro geworden wären.

Abwarten minimiert das Risiko

Ein ähnliches Gedankenexperiment veranstaltet das Deutsche Aktieninstitut regelmäßig mit dem Dax, dem deutschen Leitindex. Dem gehört ja immerhin auch die Deutsche Telekom an. Dessen Rendite-Dreieck zeigt die jeweilige Rendite, die Anleger in den vergangenen 50 Jahren erzielt haben – je nachdem, wann sie die Dax-Aktien ge- und verkauft haben. Ergebnis: Anleger, die diese Papiere mindestens zehn Jahre im Depot gehalten haben, hätten – bis auf eine einzige Ausnahme im Jahr 2011 – immer Gewinn erzielt. Im günstigsten Fall sogar 16 Prozent im Jahr. [9]

Wer in den Dax oder den MSCI World investiert, hält keine Einzelaktien, sondern kauft gleich den gesamten Index als sogenannten Exchange Traded Fund oder ETF, zu deutsch: börsengehandelten Indexfonds. Diese bilden ganze Märkte ab – beim Dax sind es die 30 deutschen Aktien mit der größten Marktkapitalisierung, die zusammen rund 80 Prozent des Gesamtmarktes umfassen. Wer in Deutschland investieren will, kann also einen Dax-ETF kaufen, oder einen auf den Euro Stoxx, um sich Europa ins Depot zu legen.

Mit dem Sparplan liegt man richtig

Eine weitere Methode, die Kursschwankungen an den Börsen auszugleichen, ist Fondssparen oder ein ETF-Sparplan. Dabei legt man einen fixen Betrag fest, für den man monatlich Anteile eines Indexfonds kauft. Ist der Kurs gerade sehr hoch, dann bekommt man nur wenige Fondsanteile. Befindet sich der Kurs im Keller – also zum besten Einstiegszeitpunkt – dann bekommt man mehr Fondsanteile, ganz automatisch.

ETFs kamen übrigens kurz nach der T-Aktie an die deutschen Börsen. Hätten die Deutschen im Jahr 2000 auf ein Dax-ETF gesetzt, anstatt nur auf einen oder wenige Einzeltitel, wäre für sie bis heute auch immerhin eine Rendite von rund 150 Prozent herausgesprungen. Ein schöner Weg, sich über vergangene Erfahrungen hinwegzutrösten.

Mehr erfahren: So investiert growney
Gerald Klein
Gerald Klein
growney Gründer & Gesellschafter

growney-Gründer Gerald Klein blickt auf 25 Jahre Bankenerfahrung im Kapitalmarktgeschäft zurück. Freunde haben ihn oft gefragt: „Was soll ich mit meinem Geld tun?“ Mit growney hat er endlich die passende Antwort gebaut, hinter der er zu 100% steht.



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