Auf dieses Rentenurteil haben viele gewartet: Der Bundesfinanzhof in München entschied am vergangenen Montag (31. Mai …
Bislang gilt bei der Deutschen Rentenversicherung die Umlagefinanzierung. Das bedeutet: Die Deutsche Rentenversicherung zahlt aus den monatlichen Beiträgen von Arbeitnehmern die Rentenansprüche all jener, die im Ruhestand sind.
Was bedeutet umlagefinanzierte Rente
Kurz gesagt zahlen bei der umlagenfinanzierten Rente die Jungen für die Alten. Rund 55 Millionen Versicherte müssten so die monatlichen Bezüge von mehr als 21 Millionen Rentnern in Deutschland finanzieren. Weil das Geld nicht reicht, werden aus dem Bundeshaushalt Zuschüsse gezahlt: aktuell rund 100 Milliarden Euro im Jahr.
Rücklagen kann die Deutsche Rentenversicherung so nicht bilden. Bei der Umlagefinanzierung der Rente wird der Großteil der Einnahmen direkt für Rentenzahlungen verwendet.
Es gibt lediglich eine „Nachhaltigkeitsrücklage“, die Schwankungen am Arbeitsmarkt absichern soll. Sinkt die Zahl der Beitragszahler nämlich plötzlich (etwa durch Arbeitslosigkeit) würde der gesetzlichen Rentenversicherung ohne ihre Rücklage das Geld für die Rentenzahlungen fehlen. Diese Rücklage – rund 33 Milliarden Euro – wird allerdings nicht am Kapitalmarkt investiert, sondern bei Banken geparkt. Teilweise werden dafür sogar Strafzinsen fällig.
Was ist Aktienrente?
Die Aktienrente stellt eine Alternative zur bisherigen Umlagefinanzierung der Deutschen Rentenversicherung dar. Der Grundgedanke des neuen Modells: Ein bestimmter Teil der Rentenbeiträge wird an den Kapitalmärkten angelegt und kann so über die Jahre eine Rendite erwirtschaften – und durch den Zinseszinseffekt ordentlich wachsen. Die spätere Rentenzahlung der heutigen Einzahler kann dann teilweise aus dem angelegten Kapital erfolgen, die Abhängigkeit von den Beitragszahlungen zukünftiger Generationen sinkt.
Die Aktienrente soll also ein zentrales Problem der gesetzlichen Rente lösen. Dass die Zahl der Beitragszahler in den nächsten Jahren abnimmt, die Zahl der Rentner dagegen steigt. Das liegt an der demografischen Verteilung in Deutschland: Die Jahrgänge der sogenannten Baby-Boomer-Generation (1960-1965) zeichneten sich durch hohe Geburtenraten aus. Wenn diese Menschen in Rente gehen, steigt die Zahl der Rentner also deutlich an. Berechnungen zufolge bedeutet das in den nächsten Jahren einen Verlust von rund 3 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland – entsprechend steigt auch die Anzahl der Rentner, bei gleichzeitiger Abnahme der Beitragszahler.
Bei einer Umlagefinanzierung blieben dann nur vier Möglichkeiten für die gesetzliche Rente, um das Verhältnis von Rentenzahlungen und Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung stabil zu halten:
- das Rentenniveau - also die Höhe der Rente – zu senken.
- das Renteneintrittsalter zu erhöhen – von der Rente mit 67 also zur Rente mit 68 oder Rente mit 69 überzugehen.
- die Beitragszahlungen der Deutschen Rentenversicherung zu erhöhen, etwa durch Erhöhung des Rentenbeitrags (derzeit 18,6 Prozent vom Bruttogehalt) oder indem die Rentenversicherungspflicht auf Beamte und Selbständige ausgebaut wird.
- die staatlichen Zuschüsse für die gesetzliche Rentenversicherung weiter zu erhöhen.
Durch die gesetzliche Aktienrente soll das vermieden bzw. abgemildert werden.
Aktienrente: Ampel-Parteien wollen Milliarden-Betrag bereitstellen
Bereits im Sondierungspapier haben die möglichen Partner einer Ampelkoalition etliche Veränderungen bei der Rente ausgeschlossen:
„Wir werden daher die gesetzliche Rente stärken und das Mindestrentenniveau von 48 Prozent sichern. Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben.“
Auch von einer „langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz“ ist die Rede.
Stattdessen soll die Deutsche Rentenversicherung die Möglichkeit bekommen, „ihre Reserven am Kapitalmarkt reguliert anzulegen“ und zusätzlich 2022 einen Betrag von 10 Milliarden Euro als Grundkapital für den Einstieg in eine gesetzliche Aktienrente bekommen.
Dabei taucht im Papier der Ampelparteien Aktienrente als Begriff gar nicht auf – wohl aus politischen Gründen. Denn die Aktienrente war im Bundestagswahlkampf eine explizite Forderung der FDP, die Grünen hatten ein ganz ähnliches Modell als Bürgerfonds bezeichnet, bei dem ausschließlich nachhaltig investiert werden soll. Die SPD hatte ein Modell „nach schwedischem Vorbild“ gefordert. Tatsächlich gilt bei der Aktienrente Schweden als Vorbild. Also: Wie funktioniert das schwedische Rentensystem?
Wie funktioniert das schwedische Rentensystem?
Die Rentenbeiträge in Schweden sind ähnlich hoch wie in Deutschland: 18,5 Prozent des Bruttolohns (Deutschland: 18,6 Prozent). Auch Schweden hat ein Umlagesystem: Der Großteil der Einnahmen (rund 86 Prozent) werden für bestehende Rentenansprüche verwendet. Der Rest fließt in die Aktienrente. Schweden ermöglicht den Versicherten, für ihren Anteil Fonds oder ETFs auszuwählen, in die das Geld fließt. Dazu muss aber kein separater Vertrag abgeschlossen werden, die Rentenversicherung Schwedens übernimmt das direkt.
Bei einem Einkommen von 4.000 Euro im Monat, fließen also 100 Euro direkt in einen solchen Fonds, der später als Kapital für die eigene Rente zur Verfügung steht, zusätzlich zum Rentenanspruch aus der Umlagefinanzierung.
Allerdings gilt für die Aktienrente: Schweden ist da kein Einzelfall. Dänemark, die Schweiz, Kanada und Australien nutzen ähnliche Modelle. In den Niederlanden ist die Zahlung für eine Aktienrente freiwillig möglich. Auch in Norwegen setzt man auf eine Aktienrente, allerdings hier anders organisiert: Ein Staatsfonds bündelt die Sozialversicherungsbeiträge, aber auch die Einnahmen aus Öl- und Gasvorkommen fließen ein. So hat Norwegen (etwa 5,3 Millionen Einwohner) den größten Staatsfonds der Welt. Das Geld wird mehrheitlich in Aktien angelegt. Aus den Erträgen überweist der Staatsfonds regelmäßig Geld ans Rentensystem, das so eine Grundrente von 1.600 Euro garantieren kann.
Die Probleme der Deutschen Rentenversicherung
In Deutschland war so etwas bislang undenkbar. Schaut man sich bei der Aktienrente Vor- und Nachteile genauer an, so zeigt sich: Mit den 10 Milliarden Euro der Ampelparteien lässt sich so viel gar nicht anfangen. Bei 6,8 Prozent durchschnittlicher Rendite ergibt das nach 10 Jahren zwar ein Kapital von mehr als 19,3 Milliarden Euro. Aber: Die Finanzierungsprobleme der Deutschen Rentenversicherung löst das noch lange nicht, schon derzeit liegt die Finanzierungslücke bei mehr als 100 Milliarden Euro.
Und hinzu kommen weitere Herausforderungen:
- Die Babyboomer-Jahrgänge werden ab 2025 in Rente gehen – und damit das Finanzierungsproblem der Deutschen Rentenversicherung deutlich verstärken.
- Mit der teilweisen Umstellung auf eine gesetzliche Aktienrente entsteht eine zusätzliche Belastung: Aus den Rentenbeiträgen der jüngeren Generation soll nun zusätzlich am Kapitalmarkt investiert werden, damit später mehr Geld für die Aktienrente zur Verfügung steht.
Kritik an den Rentenplänen der Ampel-Parteien
Bedeutet also: Die geplante Kapitalspritze kann das grundsätzliche Problem der gesetzlichen Rente bestenfalls abmildern.
Deswegen gibt es an der Umsetzung der Aktienrente Kritik: So sagt beispielsweise Michael Hüther - Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft: „Da muss man über ganz andere Summen reden.“ Insbesondere werde das große demografische Problem für die gesetzliche Rente nicht gelöst, kritisiert Hüther:
„Das ist ein zentrales Thema und bedauerlicherweise ist das auch die größte Enttäuschung in dem Sondierungspapier.“
Allein um mit dem Kapital von 10 Milliarden Euro die aktuelle Rentenlücke von 100 Milliarden müsste das Geld bei einer Kapitalmarktrendite von durchschnittlich 6,8 Prozent im Jahr ganze 35 Jahre investiert bleiben – ohne Geld für Rentenzahlungen zu entnehmen.
Betrachtet man bei der Aktienrente Vor- und Nachteile genauer fällt außerdem ein Grundproblem der Umstellung auf: Die jüngeren Generationen werden doppelt zur Kasse gebeten. Aus ihren Beiträgen werden sowohl nach dem Prinzip der Umlagefinanzierung die bestehenden Rentenansprüche gezahlt. Nun kommt auch noch die Finanzierung der gesetzlichen Aktienrente hinzu – entweder aus den Beiträgen oder über Steuerzuschüsse.
Die Rentenlücke bleibt
Durch den geplanten Wandel fallen zunächst also erst einmal höhere Kosten an. Wie die Deutsche Rentenversicherung das bewältigen soll, bleibt im Sondierungspapier noch offen. Da die Ampelparteien Veränderungen bei Rentenhöhe, Rentenalter und Beiträgen nicht wollen, bleiben eigentlich nur noch die Optionen:
- die Beitragszahlungen der Deutschen Rentenversicherung dadurch zu erhöhen, dass die Rentenversicherungspflicht auf Beamte und Selbständige ausgebaut wird.
- die staatlichen Zuschüsse für die gesetzliche Rentenversicherung weiter zu erhöhen.
Klar ist aber auch: Eine bessere Absicherung durch die gesetzliche Rente ergibt sich dadurch nicht. Denn damit werden erstmal nur die aktuellen Finanzierungsprobleme leicht abgemildert – eine geringere Rentenlücke ergibt sich dadurch nicht. Die Rentenlücke bei der gesetzlichen Rente ergibt sich wesentlich dadurch, dass das Rentenniveau bei 48 Prozent des Durchschnittsgehalts festgesetzt ist. Für viele bedeutet das im Rentenalter eine empfindliche Einbuße, die eigentlich nur durch eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge ausgeglichen werden kann.
Was ist eine kapitalgedeckte Altersvorsorge?
Bei der kapitalgedeckten Altersvorsorge werden die gezahlten Beiträge am Kapitalmarkt investiert. Durch Kursentwicklung und Erträge kann der Betrag so mehr werden und als Grundlage für die spätere Rentenzahlung dienen. Die Rentenhöhe ergibt sich also aus dem Kapital, ist durch dieses gedeckt – deshalb „kapitalgedeckt“. Im Gegensatz dazu wird bei der Umlagefinanzierung der Rentenanspruch durch eine politische Vorgabe und eine Rentenformel definiert.
Die Rentenhöhe bei der Deutschen Rentenversicherung hängt von Rentenpunkten und Rentenwert ab, also festgelegten Vorgaben – und nicht vom eingezahlten Kapital.
Sind Aktien eine gute Altersvorsorge?
Dabei sind Aktien als Altersvorsorge tatsächlich gut geeignet. Über die Jahre spielen sie eine gute jährliche Rendite ein – und helfen so ausreichend Kapital für die Rente aufzubauen. Als Schutz vor Kursschwankungen bieten sich dazu allerdings nicht einzelne Aktien an, sondern ETFs, die das Kapital möglichst breit diversifizieren. So profitiert man mit einer kapitalgedeckten Altersvorsorge von der Gesamtentwicklung der Kapitalmärkte.
Ein Beispiel als Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung: Wenn Sie mit einem 10.000 Euro Investment eine durchschnittliche Rendite von 6,8 Prozent pro Jahr erzielen, dann haben Sie nach 35 Jahren knapp 100.000 Euro.
Unterschied zur gesetzlichen Rente: Der Betrag steht Ihnen für Ihre Altersvorsorge zur Verfügung (Ihre private Aktienrente sozusagen), muss nicht zur Finanzierung eines Fehlbetrags im Rentensystem aufgebracht werden. Mit einem Rentenrechner können Sie dies auch detailliert für Ihre eigenen Bedürfnisse ausrechnen.
Dabei gilt gerade für eine solche private Aktienrente: Vorteile gibt es viele.
- Wenn Sie für die eigene kapitalgedeckte Altersvorsorge mit ETFs investieren, bleiben Sie z.B. auch total flexibel, können im Notfall also jederzeit an das Geld heran.
- Sie können auch jederzeit zusätzliches Geld einzahlen und damit den Kapitalstock für die eigene Aktienrente erhöhen.
- Wenn Sie sich für die automatische Geldanlage mit einem Robo-Advisor entscheiden, müssen Sie sich selbst um nichts kümmern. Die digitale Vermögensverwaltung übernimmt kostengünstig die ständige Kontrolle des Depots, kümmert sich auch durch den Ausgleich von Kursschwankungen durch Rebalancing.
- Das Kapital für Ihre private Aktienrente ist als Vermögen problemlos vererbbar.
- Sie sorgen sich um mögliche Kursschwankungen an den Kapitalmärkten? Dann lassen Sie die passende Anlagestrategie für sich ermitteln. Durch eine Beimischung von Anleihen, also festverzinslichen Wertpapieren, lässt sich das Kursrisiko optimal abmildern. Allerdings verringern Anleihen auch die Renditechance.
- Sie können diese Form der Altersvorsorge auch problemlos mit einem Sparplan kombinieren, bereits ab 25 Euro im Monat.