Älteres Paar sitzt auf der Bank; Doppelbesteuerung Rente und das Rentenurteil 2021

Rentenurteil zur Doppelbesteuerung: Was heißt das für meine Rente?

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4. Juni 2021 // Vorsorge

Auf dieses Rentenurteil haben viele gewartet: Der Bundesfinanzhof in München entschied am vergangenen Montag (31. Mai 2021) über das Streitthema doppelte Rentenbesteuerung. Schon seit Jahren wird immer wieder beklagt, dass die Rentenbesteuerung verfassungswidrig sei. Da aktuell noch über 140.000 Klagen laufen, wird die Entscheidung wohl nicht das letzte Rentenurteil 2021 gewesen sein. Was aber bedeutet das genau? Alles Wichtige zu Doppelbesteuerung, Rente, Urteil des Bundesfinanzhofs und wen es konkret betrifft.

Klar ist schon jetzt: Das Thema Rentenbesteuerung muss nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs neu angegangen werden. Die Politiker betonen allerdings, dass dies erst nach der Bundestagswahl am 26. September passieren wird. Das liegt auch daran, dass das Thema Rentenbesteuerung aktuell eines der kompliziertesten Themen überhaupt ist – und gleichzeitig für alle relevant ist, die sich mit dem Thema Altersvorsorge und Rente beschäftigen.

Bundesfinanzhof: Rentenbesteuerung muss geändert werden

Das Gericht hatte dabei über zwei Klagen von Rentnern zu entscheiden, die Einspruch gegen ihre Steuerbescheide eingelegt hatten. Diese beiden Klagen wurden abgewiesen (Aktenzeichen XR 20/19 und XR 33/19). Gleichzeitig betonten die Richter: So wie der Gesetzgeber die Veränderung der Rentenbesteuerung gestaltet hat, geht es nicht. Denn für künftige Rentner entsteht wahrscheinlich in vielen Fällen eine Doppelbesteuerung – und das wäre verfassungswidrig.

Ausgangspunkt ist eine Veränderung der Rentenversicherung aus dem Jahr 2005. Vorangegangen war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem März 2002 (Aktenzeichen 2 BvL 17/99, BVerfG), bei dem es um die Gleichbehandlung von Renten und Pensionen ging. Während Pensionszahlungen (für Beamte) voll versteuert werden müssen, waren Rentenzahlungen (für Angestellte, Arbeiter oder freiwillig Versicherte) bis dahin steuerfrei.

Konkrete Beispielrechnungen zur Doppelbesteuerung

Die bisherige Regelung

Deswegen wurde die Rentenbesteuerung eingeführt und eine 35-jährige Übergangsphase eingeplant. Um die Frage „wen betrifft die Doppelbesteuerung der Rente?“ zu beantworten, muss man sich diese Regeln also genau angucken.

Aktuell gilt für die gesetzliche Rente:

  • Wer spätestens 2005 in Rente gegangen ist, muss die Zahlungen der Deutschen Rentenversicherung grundsätzlich nur zur Hälfte versteuern. 50 Prozent ihrer Jahresbruttorente sind steuerpflichtig - allerdings nur, wenn dieser Betrag oberhalb des Grundfreibetrags liegt.
  • für alle, die 2006 oder später in Ruhestand gehen, ist die Rente zu einem festgelegten Prozentsatz steuerpflichtig. Als steuerpflichtiger Anteil wurde 52 Prozent bei Renteneintritt im Jahr 2006 festgelegt. Bis 2020 stieg der steuerpflichtige Anteil um 2 Prozentpunkte pro Jahr, ab 2021 um einen Prozentpunkt pro Jahr. Wer dieses Jahr in Rente geht, müsste nach der Regel also 81 Prozent der Rente versteuern.

Rente versteuern Tabelle; Rentenurteil und Doppelbesteuerung

  • für alle, die ab 2040 in Rente gehen, heißt das: Die Rente ist voll steuerpflichtig.
  • Im Gegenzug können die Beiträge zur Deutschen Rentenversicherung seit 2005 von der Steuer abgesetzt werden – als Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der jährlichen Einkommensteuererklärung. Hierfür gelten ebenfalls jährlich steigende Prozentsätze: 2005 konnten 60 Prozent der Rentenbeiträge abgesetzt werden, jedes Jahr steigt dieser Satz um 2 Prozentpunkte. Ab 2025 sollen die Beiträge also zu 100 Prozent absetzbar sein. 2021 sind es 92 Prozent.

Doppelbesteuerung Rente: Beispiel zeigt, wie kompliziert es ist

Wie sich das konkret auswirkt, zeigen konkrete Beispiele:

Beispiel 1

Der einfachste Fall zuerst: Emma (21) studiert - erst Bachelor, dann Master, ab 2027 bekommt sie Gehalt und zahlt in die Rentenkasse ein – die Beiträge kann sie voll von der Steuer absetzen. Wenn Sie 2067 in Rente geht, muss sie die Rentenzahlungen zu 100 % versteuern.

Eine Doppelbesteuerung gibt es in ihrem Fall nicht.

Grafik; Doppelbesteuerung Rente Beispiel

Beispiel 2

Komplizierter wird es bei dem Beispiel einer aktuellen Rentnerin: Petra (80) ist nach 40 Jahren Berufstätigkeit 2007 in Rente gegangen. Für die Jahre 2005 und 2006 konnte sie einen Teil der Beiträge zur Rentenversicherung von der Steuer absetzen, davor war dies nicht möglich.

Tabelle; Doppelbesteuerung Rente Beispiel

54 Prozent ihrer Rente muss sie versteuern, obwohl sie ja bereits den größten Teil ihrer Rentenbeiträge voll versteuert hat. Also ein Fall von Doppelbesteuerung? Eher nein – denn dieses Beispiel zur Rentenbesteuerung ähnelt einem der zuletzt entschiedenen Fälle.

Eine Doppelbesteuerung liegt nach dem Rentenurteil des Bundesfinanzhofs nicht vor, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfreien Rentenzahlungen mindestens genauso hoch ist wie die Summe der Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung, die aus versteuertem Einkommen erfolgten.

Grafik; Doppelbesteuerung Rente Beispiel

Eine Besonderheit liegt dabei im Wort „voraussichtlich“: Anhand der „Sterbetafel“ des Statistischen Bundesamts ist also zu berücksichtigen, wie hoch die statistische Lebenserwartung von Rentnerin Petra ist. Da Männer im Durchschnitt eine geringere Lebenserwartung haben, könnte es bei einem Rentner also eher zur Doppelbesteuerung der Rente kommen als bei Petra.

Wenn Petra verheiratet ist, kommt übrigens noch eine weitere Komponente dazu: Da Männer früher sterben, wird sogar einberechnet, dass zu Petras voraussichtlichen Rentenzahlungen auch eine Witwenrente dazukommt.

Beispiel 3

Anders sieht es für Birgit (48) aus: Wenn sie 2040 in Rente geht, gehört sie zu den ersten, bei denen die Rente zu 100 Prozent versteuert wird. Auch sie hat 40 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt. Wie die Tabelle zeigt, konnte sie dabei aber auch einen Großteil ihrer Rentenbeitragszahlungen in der Einkommensteuererklärung berücksichtigen:

Tabelle; Doppelbesteuerung Rente Beispiel

Auch hier ist der Fall klar: Die Summe von Birgits steuerfreien Rentenzahlungen beträgt nach der aktuellen Regelung 0 Euro. Gleichzeitig wurden aber aus versteuertem Einkommen Rentenversicherungsbeiträge abgezogen, ohne dass sie diese voll bei der Steuererklärung geltend machen konnte. Und das wäre laut Bundesgerichtshof Doppelbesteuerung.

Grafik; Doppelbesteuerung Rente Beispiel

Für Birgit dürfte das selbst dann gelten, wenn sie ein Jahr früher in Rente geht. Dann gilt zwar für sämtliche Rentenzahlungen ein steuerfreier Anteil von 1 Prozent. Die Summe dieser steuerfreien Rentenzahlungen dürfte trotzdem geringer sein als die Summe ihrer Beitragszahlungen, die aus versteuertem Einkommen erfolgten.

Grafik; Doppelbesteuerung Rente Beispiel

Wie der Bundesfinanzhof klarstellte, ist dabei die konkrete Summe in Euro maßgeblich, nicht das prozentuale Verhältnis.

Bei der Berechnung der voraussichtlichen Rentenzahlungen darf, der Steuerfreibetrag übrigens nicht mitgezählt werden. Bisher haben Finanzämter aber genau das getan. Der Grundfreibetrag dient aber der Absicherung des Existenzminimums und darf nicht noch ein zweites Mal als steuerfreier Rentenbezug herangezogen werden, heißt es in der Gerichtsentscheidung.

Wie berechnet sich eigentlich die Rente?

Begriffsklärung: Was versteht man unter Doppelbesteuerung der Rente?

Der Begriff Doppelbesteuerung der Rente ist genau genommen irreführend. Denn die Rente von Birgit wird gar nicht doppelt besteuert, sondern nur einfach. Die Doppelbesteuerung entsteht in diesem Beispiel dadurch, dass die Einzahlungen in die Deutsche Rentenversicherung aus versteuertem Einkommen erfolgen – dieses Geld dann aber bei Rentenzahlung noch einmal mit der Einkommenssteuer belastet wird.

Das bedeutet das Rentenurteil 2021 konkret

Maßgeblich dürfte das Rentenurteil vor allem für all jene sein, die heute im Alter zwischen 40 und 60 Jahren alt sind. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre bei ihnen die aktuelle Form der Rentenbesteuerung verfassungswidrig. 2021 oder 2022 werden die Regeln zur Besteuerung der Rente deshalb geändert werden.

Die wichtigsten Fragen haben wir hier zusammengefasst, beachten Sie aber bitte, dass dies keine Rentenberatung oder Rechtsberatung darstellen kann. Jeder einzelne Fall kann schließlich sehr individuell sein:

  • Wann wird die Rentenbesteuerung abgeschafft?
    Gar nicht. Die Richter haben klargestellt, dass die Umstellung der gesamten Rentenbesteuerung zulässig ist. Auch künftig wird die Frage „Wird die Rente nachträglich versteuert?“ also mit Ja zu beantworten sein. Im Gegenzug werden die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ab 2025 komplett steuerfrei sein – können also im Rahmen der Steuererklärung abgesetzt werden.

  • Macht es Sinn, Einspruch gegen den Steuerentscheid einzulegen?
    Gegen eine mögliche Doppelbesteuerung der Rente kann man sich grundsätzlich nur wehren, wenn man einen Steuerbescheid für die Rentenzahlung bekommt. Das haben die Richter am Bundesfinanzhof mit dem Rentenurteil deutlich gemacht. Denn erst dann würde ja eine Doppelbesteuerung tatsächlich eintreten. Wer noch kein Rentner ist, sollte also ohnehin erst einmal die Gesetzesänderung zur Rentenbesteuerung abwarten.

    Für aktuelle Rentner heißt es dagegen: rechnen, rechnen, rechnen. Dabei geht es um die Frage, ob die Summe der voraussichtlich steuerfreien Rentenzahlungen höher oder niedriger ist als die Summe der Zahlungen, die an die Deutsche Rentenversicherung geleistet wurden, aber nicht in der Steuererklärung geltend gemacht werden konnten.

    Man muss also sämtliche Lohnabrechnungen der Vergangenheit beachten und braucht zugleich einen Rentenrechner sowie die durchschnittliche Lebenserwartung, um die Höhe der Rentenzahlungen zu ermitteln. Darauf zu warten, dass das Finanzamt einem diese Arbeit abnimmt, bringt leider nichts. „Die Feststellungslast für das Vorliegen einer etwaigen verfassungswidrigen doppelten Besteuerung im Einzelfall liegt beim Steuerpflichtigen“, heißt es dazu im Rentenurteil (XR 33/19).

  • Was wird sich jetzt bei Rente und Rentenbesteuerung ändern?

    Das mit Sicherheit zu sagen ist noch zu früh. Wahrscheinlich dürfte es für die heute 40- bis 60-Jährigen eine Entlastung geben. Das heißt nicht automatisch, dass sie höhere Rentenzahlungen bekommen werden. So könnte der Gesetzgeber beispielsweise das Rentenniveau anpassen: Das ist bis 2024 auf 48 Prozent festgelegt, kann danach aber weiter sinken. Denkbar ist auch, dass die erwarteten Mindereinnahmen durch die Änderung der Rentenbesteuerung durch Steuererhöhungen oder andere zusätzliche Steuern ausgeglichen werden.

  • Wirkt sich das Rentenurteil auf die Besteuerung von Beamtenpensionen aus?

    Nein. Die Pension für Beamte wurde schon immer besteuert – im Gegensatz zur Rente der Deutschen Rentenversicherung. Beamte zahlen aber auch gar keine Beiträge zur Rentenversicherung, die Pension erfolgt als Versorgungsleistung des Staates. Immer wieder wird allerdings die Forderung erhoben dies zu ändern, so dass auch Beamte in die Rentenversicherung einzahlen.

  • Ergeben sich auch Änderungen für private Renten?

    Nein. Für private Renten (wie die Riesterrente, eine Rürup-Rente, betriebliche Altersvorsorge, Lebens- oder Rentenversicherungen) gelten andere Regeln, die Sie im Detail in unserem Rentenratgeber finden. Das aktuelle Rentenurteil bezog sich ausschließlich auf die Rentenzahlungen durch die Deutsche Rentenversicherung und deren steuerliche Behandlung.

Flexible Altersvorsorge ist problemlos möglich

Nicht nur durch die neuen Rentenurteile wird deutlich, dass es bei der gesetzlichen Rente noch einige Überraschungen geben kann. Insbesondere können sich Rentenniveau und Rentenhöhe noch verändern, sie werden politisch festgelegt. Wenn Sie bei der Deutschen Rentenversicherung eine Renteninformation anfordern, ist also noch offen, ob Sie diese Rente dann tatsächlich auch bekommen – und welche Steuern anfallen werden.

Das zeigt sich auch bei der Rentenerhöhung 2021: Im Osten Deutschlands steigen die Renten dieses Jahr gerade einmal um 0,72 Prozent, im Westen fällt die Rentenerhöhung 2021 komplett aus. Dabei steigen gleichzeitig die Preise um 2 oder 3 Prozent – so dass vieles teurer wird und Rentner sich folglich weniger leisten können.

Selbst jenen, die vom Urteil zur Doppelbesteuerung profitieren können, droht also im Alter eine empfindliche Rentenlücke. Mit einer privaten Altersvorsorge lässt sich diese aber einfach schließen, am besten als Sparplan – oder Sie zahlen unregelmäßig Beträge ein und profitieren mit einem growney-Depot an der Entwicklung der weltweiten Kapitalmärkte. Mit dieser Form der Altersabsicherung bleiben Sie absolut flexibel, weil Sie sich das Geld jederzeit auszahlen lassen können.

Aus Ihrem Vermögen können Sie sich dann später eine monatliche Zusatzrente auszahlen lassen, ganz individuell nach Ihren Bedürfnissen. Rechnen Sie mit unserem Rentenrechner doch einfach aus, wie das für Sie aussehen kann.

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