Wer als Anleger den Bitcoin-Kursverlauf verfolgt, braucht bisweilen gute Nerven: Die bekannteste Kryptowährung war Mitte April schon …
Was ist also genau passiert?
Der rasante Aufstieg der Kryptobörse FTX
Das Unternehmen FTX war im Mai 2019 gegründet worden, als Handelsbörse für Krypto-Währungen. Bitcoin, Ethereum, Dogecoin, Stablecoin und viele andere Finanzprodukte konnten über die Plattform gehandelt – und vor allem aufbewahrt werden, in digitalen Wallets für die Kunden bzw. in der App von FTX.
Mitgründer des Unternehmens: Sam Bankman-Fried, ein Absolvent der US-Eliteuni MIT. In kurzer Zeit sollte er Milliardär werden, mittlerweile hat der 30-Jährige Gläubigerschutz beantragt. Er ist pleite!
Die Kryptobörse wuchs sehr schnell. Weil es bei Banken oft keine Zinsen (oder sogar Negativzinsen) gab, waren Krypto-Währungen als Spekulationsobjekt stark gefragt. Zwar werfen Bitcoin, Ethereum oder Stable-Coin keine ordentlichen Erträge ab, die Aussicht auf steigende Kurse lockte aber viele Anleger. Die Hoffnung: Reich werden mit Krypto-Währungen, indem die Coins später mit Gewinn verkauft werden können.
Aus FTX wurde ein regelrechtes Krypto-Imperium, ein Firmengeflecht aus rund 130 Unternehmen mit unterschiedlichen Aufgaben. Hauptsitz: der Karibikstaat Bahamas, der für besonders geringe Steuern bekannt ist.
Eine Million Kunden soll die FTX im Februar 2022 – also nicht einmal 3 Jahre nach Gründung – gehabt haben und war damals nach Binance die größte Kryptobörse weltweit. Eine Erfolgsgeschichte, die auch für Investoren interessant wurde. In Finanzierungsrunden stellten sie FTX dreistellige Millionenbeträge zur Verfügung. Ziel: Am großen Wachstum der Kryptobörse mitverdienen.
Welche Rolle spielt die Blockchain-Technologie?
Die speziell entwickelte Blockchain -Technologie macht das Entstehen von Krypto-Währungen überhaupt erst möglich. Durch Verschlüsselung soll eine sichere und eindeutige Übertragung von Daten gewährleistet sein. Die Idee: Es gibt keine zentrale Instanz wie eine Zentralbank und trotzdem werden sämtliche Transaktionen im Netzwerk auf Authentizität geprüft. So sollen Anleger sicher sein, dass die Coins auch wirklich existieren, wenn sie zum Beispiel Bitcoin kaufen.
Eine Kombination aus privaten und öffentlichen Schlüsseln macht den Handel mit Bitcoin möglich – die Kryptographie der Schlüssel basiert auf komplexer Mathematik. Die Handelspartner können bei Transaktionen anonym bleiben, die Blockchain-Technologie stellt trotzdem sicher, dass die gehandelten Coins wirklich existieren.
Hauptproblem dabei ist die digitale Aufbewahrung der privaten Schlüssel, ohne den auf die Coins nicht mehr zugegriffen werden kann.
- Wird der private Schlüssel auf der eigenen Festplatte gespeichert, besteht das Risiko technischer Defekte: Ist der Computer kaputt, wäre auch der private Schlüssel weg.
- Zusätzlich besteht auch die Gefahr, dass sich jemand Zugang zum Schlüssel verschaffen könnte. Das ist auch der Fall, wenn der Schlüssel zum Beispiel in einer Cloud abgelegt wird.
- Wer sich deshalb den Schlüssel auf einer externen Festplatte abspeichert, sieht sich mit anderen Problemen konfrontiert: Bei einem Einbruch oder Feuer könnte die Festplatte wegkommen.
Da nicht erfasst wird, wer welche oder wie viele Bitcoins besitzt, gibt es also bei einem verlorenen Schlüssel keine Möglichkeit, wieder Zugriff auf die Coins zu erhalten.
Genau an diesem Punkt setzen Kryptobörsen wie FTX an: Sie versprechen die Speicherung und damit den einfachen Zugang auf die eigenen Coins, zum Beispiel im Wallet über eine App. So lassen sich auch ohne weitere Kenntnisse Krypto-Währungen wie Ethereum, Dogecoin oder Bitcoin handeln. Allerdings: Die vermeintliche Sicherheit ist dann aber nur so hoch wie die Sicherheit des jeweiligen Wallets.
Grundproblem von Krypto-Währungen: Fehlende Erträge
Für die Kryptobörsen eröffnet das finanzielle Chancen. Sie können an jeder Transaktion mitverdienen oder alternativ etwa monatliche Gebühren für die Wallets verlangen. Zudem erwerben sie oftmals das Recht, die Coins ggf. auch zu verleihen – damit zum Beispiel spekulativere Derivat-Geschäfte einzugehen.
So lösen die Kryptobörsen ein zentrales Grundproblem der Krypto-Währungen: die fehlenden Erträge. Darin unterscheiden sich Bitcoin, Ethereum und Co. von anderen Assetklassen:
- Mit Aktien bzw. Aktienfonds sind Anleger an Unternehmen beteiligt. Sie erhalten daher in Form von Dividenden auch einen Anteil vom Unternehmensgewinn.
- Mit Anleihen gibt es das Anrecht auf Zinszahlungen – und damit ebenfalls einen ordentlichen Ertrag.
- Bei vermieteten Immobilien profitieren Anleger von der Immobilienrendite, also der Ertrag aus Mietzahlungen, abzüglich der Instandhaltungs- und Verwaltungskosten.
Bei Krypto-Währungen gibt es – wie auch bei anderen Währungsgeschäften – solche Erträge nicht. Geschäfte mit dem Aufbewahren, Handeln oder Verleihen von Coins bieten aber Kryptobörsen die Möglichkeit, Erträge zu generieren. Allerdings auf Kosten der Anleger.
Deren einzige Chance, mit Währungen wie Bitcoin Geld verdienen zu können ist die Hoffnung auf steigende Kurse, dass sich also später jemand findet, der bereit ist mehr zu bezahlen als man selbst beim Bitcoin-Kurs ausgegeben hat. Tritt dieser Fall nicht ein, entstehen neben einem möglichen Kursverlust auch noch Kosten für Transaktionen oder Aufbewahrung im Wallet.
Der Fall FTX
Die Kryptobörse FTX hatte zudem noch einen zusätzlichen Business-Case: Sie entwickelte eine eigene Krypto-Währung namens FTT, die auch einen erheblichen Teil der Einlagen ausmachte. Investiertes Geld wurde also in FTT-Coins umgetauscht – und unterlag damit einem zusätzlichen Schwankungsrisiko. Die Kursentwicklung von FTX war es dann auch, die das große Firmengeflecht in Schwierigkeiten brachte.
Die Ankündigung des Konkurrenten Binance, sich im großen Stil von FTT-Coins zu trennen, löste einen starken Kursverfall aus – FTX musste wenig später Insolvenz anmelden. Binance hatte den Aufbau der Kryptobörse FTX anfangs unterstützt und in das Unternehmen investiert, im Sommer 2021 hatte sich Binance allerdings von seinen Anteilen getrennt. Wert: rund 2 Milliarden US-Dollar, etwa ein Viertel wurde damals in FTT-Coins gezahlt.
Unklar ist darüber hinaus, ob FTX die Gelder von Kunden veruntreut hat, um damit eigene riskante Finanztransaktionen zu finanzieren. Von 10 Milliarden US-Dollar ist die Rede. Auch Gelder von Investoren, die sich am weiteren Ausbau der Plattform beteiligen wollten, flossen offenbar teilweise nicht ins Unternehmen selbst, sondern direkt an den Mitgründer Sam Bankman-Fried oder eine Firma namens Alameda Research, die der Krypto-Unternehmer schon 2017 gegründet hatte.
Hinzu kommt: Die Wallets der FTX-Kunden waren offenbar auch nicht sicher genug. So wurden etliche Wallets angeblich gehackt und die enthaltenen Krypto-Coins illegal transferiert. Umfang: Rund 473 Millionen US-Dollar. Für die betroffenen Anleger könnte das einen Totalverlust bedeuten.
Der eingesetzte Insolvenzverwalter zeigte sich jedenfalls entsetzt von den Zuständen bei FTX: Der Fall sei beispiellos, sagt John Ray, der das Unternehmen als Insolvenzverwalter führt. Ray weiter:
Noch nie in meiner Karriere habe ich solch ein komplettes Versagen an Unternehmenskontrolle und so einen Mangel an vertrauenswürdigen Finanzinformationen erlebt.“
Die Folgen für Bitcoin, Ethereum & Co.
Für Krypto-Währungen bedeutet die Pleite von FTX einen gewaltigen Vertrauensverlust.
Damit Anleger wirklich die Chance auf einen Kursgewinn mit Bitcoin, Ethereum und anderen Coins haben, ist die Sicherheit der Aufbewahrung in Wallets zentral. Diese müssen vor Hacker-Angriffen und Diebstählen geschützt sein. Sonst müsste jeder, der Bitcoin kaufen will, selbst für die sichere Aufbewahrung der zugehörigen digitalen Schlüssel sorgen. Dadurch aber wird das Interesse an den Krypto-Währungen deutlich sinken, weil die meisten Anleger sicherlich eine einfache Lösung über eine Kryptobröse bevorzugen.
Geringeres Interesse dürfte sich negativ auf die Kurse auswirken: Weniger Kauf-Interessenten bei einer gleichbleibend (oder sogar steigenden) Verkäufer-Anzahl drückt den Kurs von Bitcoin und Co.
Und das ausgerechnet in einer Zeit, in der es Krypto-Währungen ohnehin viel schwerer haben als noch vor Jahren. Insbesondere angesichts der niedrigen Zinsen hatten die Coins als Alternative zu klassischen Geldanlagen an Beliebtheit gewonnen, angetrieben oft von der Aussicht auf eine positive Kursentwicklung.
Angesichts der aktuell steigenden Zinsen – gerade in den USA, wo der Leitzins sogar deutlich höher ist als im Euroraum – werden Anleihen und andere Zinsprodukte wieder attraktiver, das Interesse an Bitcoin, Ethereum und anderen Krypto-Währungen leidet ohnehin schon darunter. Gegenüber dem Höchststand vor rund einem Jahr hat beispielsweise der Bitcoin-Kurs aktuell rund 75 Prozent an Wert verloren.
Beim Investieren unbedingt die Risiken beachten
Angetrieben vom zeitweisen großen Interesse an Krypto-Währungen bieten mittlerweile auch einige Robo-Advisor in Deutschland die Möglichkeit an, in Bitcoin & Co zu investieren. Dabei ist das Risiko eines solchen Investments extrem hoch. Experten und Verbraucherschützer warnen bereits seit langem davor, dass es eigentlich keine Sicherheiten für Bitcoin-Anleger gibt.
Nach unserem Verständnis als digitaler Vermögensverwalter muss das Risiko einer Geldanlage angemessen sein. Konkret:
- Es muss zur persönlichen Situation passen.
- Eine breite Diversifikation soll vor Schwächephasen des Marktes schützen.
- Die Geldanlage soll ordentliche Erträge einbringen.
- Ziel ist die Unterstützung unserer Kunden beim mittel- und langfristigen Vermögensaufbau.
- Die Verwahrung muss sicher sein, z.B. in einem geschützen Depot bei einer deutschen Bank.
Anlageklassen, die wie Bitcoin, Ethereum und andere Krypto-Währungen ausschließlich auf einen Spekulationsgewinn aus sind, kommen für die growney-Anlagestrategien deshalb ausdrücklich nicht in Frage. Stattdessen setzen wir in den growney-Portfolios auf ein breites, weltweit gestreutes Investment in Aktien- und Anleihen-ETFs. So besteht die Chance auf eine gute Rendite bei gleichzeitig geringerem Risiko.