Bürohäuser großer Banken; Sorge um Bankenkrise und Unterschiede zur Finanzkrise 2008

Wie real sind die Sorgen um eine neue Bankenkrise?

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24. März 2023 // Aktuelles

Im Finanzsektor ist Unruhe spürbar: In den USA sind die Silicon Valley Bank, die Signature Bank und die First Republic Bank auf Unterstützung angewiesen. Und in Europa sorgt die Schieflage der Schweizer Großbank Credit Suisse für Aufsehen. Schon fühlen sich Anleger sorgenvoll an die Finanz- und Bankenkrise des Jahres 2008 vor 15 Jahren erinnert. Dabei sind deutliche Unterschiede erkennbar.

Die Nervosität an den Aktienmärkten ist deutlich spürbar, viele Einzelwerte und Indizes mussten in den vergangenen Tagen und Wochen Verluste hinnehmen. Betroffen waren insbesondere Finanzwerte, deren Aktienkurse teilweise deutlich nachgegeben haben – mittlerweile zeichnet sich allerdings eine Erholung der Kurse ab.

Regionale US-Banken mit Problemen

Erste Meldungen über Probleme von regionalen US-Banken sind Anfang März aufgetreten. Die Silicon Valley Bank in Kalifornien musste mitteilen, dass sie den Auszahlungswünschen ihrer Kunden nicht mehr entsprechen kann. Banken halten nur einen Teil ihrer Kundeneinlagen in Liquidität bereit, ein großer Teil wird oftmals auch anderweitig angelegt.

Die Silicon Valley Bank, die vor allem Startups zu ihren Kunden zählte, investierte in der Niedrigzinsphase beispielsweise in festverzinsliche Anleihen. Sie verlieh also das Geld, um von (geringen) Zinssätzen zu profitieren. Dadurch allein entsteht kein großes Risiko, denn am Ende der Laufzeit werden Anleihen - sollte der Emittent keine Insolvenz anmelden - komplett zurückgezahlt.

Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine veränderte sich die Situation entscheidend. Um die – auch durch die hohen Energiepreise – ausgelöste Inflation abzubremsen, haben wichtige Notenbanken die Leitzinsen erhöht, beispielsweise die Europäische Zentralbank EZB und die US-Notenbank Fed.

Sondereffekte durch Inflation bzw. Zinserhöhung

Für die Silicon Valley Bank entstand dadurch eine außergewöhnliche Situation:

  • Steigende Zinsen erschweren Unternehmen ein kreditfinanziertes Wachstum. Start-up-Unternehmen, die vorrangige Kundengruppe der 1983 gegründeten Silicon Valley Bank, betrifft das besonders stark. Folge: Sie griffen in großem Ausmaß auf ihre Gelder bei der Bank zurück – insbesondere bei der Silicon Valley Bank. Das in Kalifornien ansässige Institut war eine Art Hausbank der Tech-Industrie geworden.

  • Um die Kundeneinlagen auszuzahlen, musste die Silicon Valley Bank Anleihen verkaufen. Ein relativ normaler Vorgang: Banken halten immer nur einen Teil der Kundengelder zur Auszahlung bereit, der Großteil wird in Anleihen investiert oder für andere Kreditgeschäfte verwendet. Normalerweise ist das unproblematisch, weil Anleihen sich jederzeit am Markt verkaufen lassen. In einer besonders außerordentlichen Zinserhöhungsphase verlieren Anleihen zu niedrigen Zinsen allerdings an Wert. Anleger könnten schließlich genauso gut frisch aufgelegte Anleihen mit höheren Zinssätzen kaufen. Wer in dieser Phase unbedingt Anleihen verkaufen muss, wird diese also günstiger anbieten – und macht Verluste. Genau das passierte der Silicon Valley Bank.

  • Die Meldungen, dass die Silicon Valley Bank Anleihen mit Verlust verkaufen muss, führte zu einer Vertrauenskrise der Bank. Kunden waren nicht mehr sicher, ob die Bank Kundenanlagen problemlos auszahlen kann – es entstand ein sogenannter „Bank run“: Viele Kunden forderten gleichzeitig die Auszahlung ihrer Guthaben. Insgesamt waren rund 175,4 Milliarden US-Dollar bei der Silicon Valley Bank eingezahlt.

  • Die US-Behörden reagierten schnell: Die Silicon Valley Bank wurde geschlossen. Die US-Einlagensicherung FDIC bestätigte zugleich, dass sämtliche Kundenguthaben ausgezahlt werden – auch über die normalerweise geltende Grenze der US-Einlagensicherung von 250.000 US-Dollar. So stellten die Behörden sicher, dass den Kunden real kein Verlust durch das Aus der Bank entsteht.

    Mehr zur aktuellen Entwicklung von Anleihen

Rettungsaktion für weitere US-Banken: Signature Bank, First Republic Bank, PacWest Bancorp

Ähnlich agierten die Aufsichtsbehörden in der Folge auch bei der Signature Bank aus New York. Die im Jahr 2001 gegründete Bank war vor allem für ihre Geschäfte mit Krypto-Währungen bekannt und sah sich nach der Krise bei der Silicon Valley Bank ebenfalls einem „Bank run“ ausgesetzt: Kunden der Signature Bank verlangten in großem Stil die Auszahlung ihrer Guthaben, die Bank konnte dem nicht nachkommen. Auch in diesem Fall garantierte die FDIC, dass die Kunden der Signature Bank auch über die Einlagensicherheit hinaus ihr Geld bekommen.

Im Falle der First Republic Bank, einer auf Geschäftskunden spezialisierten kalifornischen Regionalbank, schnürten elf andere US-Banken ein Hilfspaket von rund 30 Milliarden US-Dollar. Die Ratingagentur Standard & Poor’s hatte die seit 1985 bestehende First Republic Bank herabgestuft, weil sie Liquiditätsrisiken sah. Zuletzt hatte auch die PacWest Bancorp, 1999 in Beverly Hills gegründet, mit einem Milliardenpaket die eigene Liquidität gestärkt. Zuvor hatten Großkunden hohe Beträge abgezogen.

Auch US-Finanzministerin Janet Yellen kündigte an, die Behörden würden im Bedarfsfall auch weitere Kundeneinlagen absichern.

Der Fall der Credit Suisse

In Europa zeigte sich die aktuelle Bankenkrise vor allem bei der Credit Suisse, eine 1856 gegründete Traditionsbank. Sie hatte in den letzten Jahren bereits für viele Negativschlagzeilen gesorgt:

  • Die Staatsanwaltschaft bemängelt, dass die Mafia zwischen 2004 bis 2007 problemlos Geldwäsche über Konten bei der Schweizer Bank abwickeln konnte.
  • Kreditgeschäfte einer Tochtergesellschaft der Credit Suisse mit Staatsfirmen in Mosambik sollen zu Verlusten in Millionenhöhe geführt haben. Laut Aufsichtsbehörde kam es dabei auch zu einem schweren Verstoß gegen die Geldwäsche-Meldepflicht.
  • In den USA zahlte die Credit Suisse im Jahr 2014 rund 2,5 Milliarden US-Dollar Strafe. Vorwurf der Behörden damals: Die Bank hatte einigen US-Kunden bei der Steuerhinterziehung geholfen.
  • Die Credit Suisse beteiligte sich auch an Geschäften der australischen Gesellschaft Greensill Capital, warb für deren Fonds Gelder bei Investoren ein. Dabei wurden die Fonds als risikoarm gekennzeichnet, obwohl das nicht ganz zutreffend war. Die Bank zahlte daraufhin Schadenersatz in Milliardenhöhe.
  • Auch die Pleite des Hedgefonds Archegos traf die Credit Suisse besonders stark. Der Hedgefonds hatte sich für seine Wetten auf Aktienwerte Geld von der Credit Suisse geliehen und dabei verspekuliert. Durch die Pleite wurden die Kredite nicht zurückgezahlt. Schaden: etwa fünf Milliarden Franken.
  • Zwischen 2016 und 2019 sollen zudem eigene Mitarbeiter intensiv bespitzelt worden sein. Die Finanzmarktaufsicht der Schweiz bemängelte daraufhin eine mangelhafte Corporate Governance.
  • Für Kritik sorgten auch Bonuszahlungen an die Top-Manager: Wie der Tages-Anzeiger berechnet hat, machte die Credit Suisse seit 2013 einen kumulierten Verlust von 3,2 Milliarden Franken. Trotzdem sollen mehr als 30 Milliarden Franken an Boni ausgeschüttet worden sein. Mittlerweile wurde verfügt, dass alle Bonuszahlungen an hochrangige Mitarbeiter für 2022 gestoppt wurden.

UBS übernimmt Credit Suisse

Um den Vertrauensverlust in die Credit Suisse zu stoppen, wurde das Institut komplett vom Konkurrenten UBS übernommen – so dass eine riesige Schweizer Großbank entsteht. Mit eigenen Aktien im Wert von drei Milliarden Schweizer Franken finanziert die UBS den Deal, garantierte außerdem, für bis zu 5 Milliarden Franken Verluste der Credit Suisse einzuspringen. Die Finanzaufsicht und die Regierung der Schweiz hatten die Fusion ausdrücklich befürwortet – und mit Milliarden-Sicherheiten unterstützt: Die Aufsichtsbehörde stellte bis zu 100 Milliarden Franken Liquidität zur Verfügung, die Regierung sagte eine Übernahme von bis zu 9 Milliarden Franken zu, sollten der UBS aus der Übernahme finanzielle Nachteile entstehen.

Schlecht ging diese Rettung der Credit Suisse für Investoren aus, die Nachranganleihen der Bank gekauft hatten. Sie hatten der Bank Geld zu einem bestimmten Zinssatz geliehen, müssen ihre Kredite jetzt aber abschreiben. Bestandteil der Übernahme durch die UBS ist nämlich, dass die Nachranganleihen nicht mehr bedient werden. Betroffen sind davon vor allem größere institutionelle Investoren. Hintergrund der Entscheidung war, dass diese nicht von einer Rettung von Steuergeldern profitieren sollen – eine Lehre aus der Banken- und Finanzkrise 2008 2008.

Schwierig dürfte es auch für viele Beschäftigte der Credit Suisse werden. Schon vor dem Vertrauensproblem der Schweizer Bank sollte fast jede fünfte Stelle eingespart werden. Experten vermuten, dass die Übernahme durch die UBS zahlreiche weitere Beschäftigte nicht mehr benötigt werden – die Financial Times schrieb bereits, Zehntausende Jobs seien in Gefahr.

Eher Bankenkrise als Finanzkrise?

Die aktuelle Situation wird häufiger mit der Finanzkrise 2008 verglichen. Dabei gibt es mehrere Unterschiede zu der Lage vor knapp 15 Jahren:

  • Auslöser der Finanzkrise 2008 waren vor allem unzureichend besicherte Immobilienkredite. In den USA war es selbst Menschen mit sehr geringer Bonität möglich geworden, Kredite für Immobilien aufzunehmen. Als Sicherheit diente dabei nur die Immobilie selbst, bei Zahlungsausfall und gleichzeitigem Preisverfall am Immobilienmarkt war diese aber weit weniger wert als die Kreditsumme selbst.
  • Die Sammlung zahlreicher solcher Kredite in großen Finanz- oder Fondsprodukten führte zu einer systemischen Abhängigkeit. Viele Banken, Investoren und Versicherungen waren an solchen Finanzprodukten beteiligt – in der Hoffnung auf eine entsprechend hohe Rendite. Es gab aber eine extrem große Abhängigkeit dieser Finanzprodukte von der Entwicklung auf dem Immobilienmarkt.
  • Durch Zahlungsausfälle kamen immer mehr Immobilien auf den Markt – vor allem in den USA – das Preisniveau sank deutlich. Die gesammelten Immobilienkredite wurden so zu faulen Krediten: Es gab keine Chance mehr auf vollständige Rückzahlung des Kreditbetrags. Das bekamen alle zu spüren, die investiert waren. Besonders betroffen war die gesamte Finanzwelt.
  • Im Gegensatz zu damals handelt es sich aktuell eher um eine Bankenkrise als um eine strukturelle Finanzkrise. Das zeigen die Fälle der Silicon Valley Bank, der Signature Bank und der Credit Suisse: Bestimmte Banken bekommen Probleme, weil die Kunden das Vertrauen in diese Bank verlieren und sich ihr Geld auszahlen lassen bzw. an ein Konto bei einer anderen Bank transferieren lassen. Es werden also lediglich einzelne Institute in Frage gestellt, es geht nicht um das Bankensystem als solches oder große Anlagebeträge, die in faule Kredite investiert wurden.
  • Als Lehre aus der Finanzkrise sind zudem etliche Regeln verschärft oder verändert worden. Insbesondere die Kreditvergabe wurde deutlich geändert, um systemische Risiken wie vor 15 Jahren zu vermeiden. Auch müssen Banken deutlich mehr Eigenkapital und Liquidität vorhalten, um auf schwierige Phasen besser reagieren zu können.
  • Hinzu kommt: In der Finanzkrise 2008 traf es mit der Investmentbank Lehmann Brothers einen der weltweit größten Akteure. Viele andere Banken waren in Geschäfte mit Lehmann Brothers verwickelt – und mussten den Wert als Verlust abschreiben.

In der genauen Betrachtung wird aktuell also eher von einer Bankenkrise gesprochen, die nur einzelne Institute betrifft – insbesondere in den USA -, als von einer neuen Finanzkrise.

Ist mein Geld bei der Bank sicher?

Bankeinlagen sind in Deutschland mit 100.000 Euro pro Kunde und Bank abgesichert. Dank der gesetzlichen Einlagensicherung gilt dies auch für Banken in allen anderen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums – also in allen EU-Staaten sowie in Norwegen, Liechtenstein und Island.

Über den Betrag von 100.000 Euro hinaus greift zusätzlich der freiwillige Einlagen-Sicherungsfonds der deutschen Banken.

Wie sieht es an den Kapitalmärkten aus?

Schutz in unbegrenzter Höhe gilt hingegen für Depotwerte, für Fonds und ETFs. Denn solche Geldanlagen gelten als Sondervermögen. Die jeweilige Bank ist in diesen Fällen lediglich beauftragt, die Vermögenswerte für den Kunden aufzubewahren. Sichergestellt ist aber, dass investiertes Geld in Aktien, Fonds oder ETFs nicht der Bank gehört, sondern immer nur dem Depotinhaber. Es kann also niemand auf dieses Geld zugreifen, selbst im – sehr unwahrscheinlichen Fall – einer Banken-Insolvenz bleibt diese Geldanlage komplett im Eigentum des Kunden und kann komplett an eine andere Bank übertragen werden.

Das gilt in unbegrenzter Höhe, also nicht nur für den Betrag von 100.000 Euro pro Kunde und Depot.

An den Kapitalmärkten zeigt sich außerdem, dass solche Probleme einzelner Banken schnell für Verunsicherung und Kursausschläge sorgen, sich die betroffenen Werte – zuletzt vor allem Bankaktien in den USA – danach aber oft ziemlich schnell wieder erholen.

Wer mittel- und langfristig denkt, profitiert von der Wertentwicklung

Viele Anleger kennen dies bereits aus der Coronakrise als viele Aktien weltweit binnen weniger Wochen an Wert verloren, in den Monaten danach sich aber umso stärker erholen konnten. Selbst nach den starken Auswirkungen des russischen Angriffs auf die Ukraine stehen einige Aktienindizes heute ähnlich gut da wie vor 13 Monaten.

Gerade wer mittelfristig oder langfristig investiert und so ein Vermögen aufbauen oder die Familie bzw. seine eigene Zukunft absichern will, sollte solche Marktphasen also nicht allzu stark bewerten. Das zeigt sich übrigens selbst bei einem Rückblick auf die Finanzkrise 2008: Wer vor der Krise weltweit in Aktienwerte investierte (z.B. 2006), konnte das investierte Geld seitdem mehr als verdoppeln.

Dabei hilft es besonders gut, wenn beim Investieren auf eine breite Diversifikation geachtet wird. Durch eine breite Streuung über viele Branchen und Länder sind Effekte wie sie derzeit aufgrund der Sorge vor einer neuen Bankenkrise zu beobachten sind im Depot deutlich weniger spürbar. Mit einem ETF-Portfolio von growney wird beispielsweise in bis zu 5.000 Aktien aus mehr als 40 Ländern investiert. Probleme einzelner Branchen machen sich so möglichst kaum bemerkbar.



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