Eine jüngere und eine ältere Frau sitzen zusammen darußen; Wann kommt die Aktienrente in Deutschland?

Wann kommt die Aktienrente? Deutschland macht es anders als Schweden

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27. Januar 2023 // Vorsorge

Sie soll also wirklich kommen: Die gesetzliche Aktienrente. Deutschland will bei der Finanzierung der staatlichen Rente etwas verändern. Doch schon bei der Frage „Was ist die Aktienrente“ gibt es ganz unterschiedliche Auffassungen. Das FDP-Politiker Christian Lindner geführte Finanzministerium benutzt beispielsweise lieber den Begriff „Generationenkapital“ als Aktienrente. Auch wenn Schweden dabei oft als Vorbild genannt wird – damit haben die Pläne wenig zu tun.

Was soll jetzt konkret passieren?

  • Dieses Jahr werden erstmals 10 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt für die gesetzliche Aktienrente bereitgestellt.

  • Es werden dafür zusätzliche Schulden aufgenommen.

  • Das Geld wird von einer öffentlich-rechtlichen Stiftung an den Kapitalmärkten angelegt. Dafür wird die „Stiftung Generationenkapital“ gegründet.

  • Geplant ist ein dauerhafter Fonds, der professionell geführt wird. Letztlich sollen also die erzielten Erträge der Deutschen Rentenversicherung zugutekommen und helfen, die finanziell angespannte Lage zu verbessern.

  • Entstehen durch die Geldanlage Verluste, wird der Staatshaushalt dafür aufkommen. So soll sichergestellt werden, dass perspektivisch ein hoher Betrag zur Verfügung stehen wird.

Unklar ist noch, ob es nach den 10 Milliarden Euro weitere Zahlungen für die Aktienrente geben wird. Finanzminister Lindner hat bereits jährliche Zahlungen in dieser Höhe ins Gespräch gebracht – bis einschließlich 2037. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP ist allerdings nur eine einmalige Zahlung als “erster Schritt” vorgesehen. Klar ist allerdings auch: Ein Betrag von 10 Milliarden Euro hilft der Deutschen Rentenversicherung wenig.

Die Probleme der Deutschen Rentenversicherung

Denn die bisherige Finanzierung der Deutschen Rentenversicherung funktioniert schon seit Jahren nicht mehr. Nach der sogenannten Umlagefinanzierung werden die Rentenbeiträge der Beitragszahler direkt für Rentenzahlungen ausgegeben. Das Umlagesystem ist aber mit gewaltigen Problemen verbunden:

  • Den Beiträgen von rund 56,8 Millionen rentenversicherungspflichtig Beschäftigten stehen die Ansprüche von rund 21,3 Millionen Rentnern gegenüber. Rund 2,5 Beschäftigte müssen mit ihrem Rentenversicherungsbeitrag also eine Rente finanzieren.

  • Die tendenziell steigende Lebenserwartung führt dazu, dass auch die Renten entsprechend länger gezahlt werden müssen.

  • Schon jetzt ist die Deutsche Rentenversicherung deshalb auf Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt angewiesen: Rund 100 Milliarden Euro in diesem Jahr – Tendenz steigend.

  • Durch die sogenannte Baby-Boomer-Generation dürfte sich die Lage bald deutlich verschärfen. Baby-Boomer sind Menschen der sehr geburtenstarken Jahrgänge 1960 bis 1965, die in den nächsten Jahren das Rentenalter erreichen werden. Da gleichzeitig deutlich weniger Menschen das Erwerbsalter erreichen, bedeutet das einen Verlust von rund 3 Millionen Erwerbstätigen (bei einem gleichzeitig deutlichen Anstieg der Renten-Berechtigten).

Deswegen soll das System der Rentenversicherung in Deutschland nach und nach auf die kapitalgedeckte Finanzierung umgestellt werden. Dabei wird für die Versicherten Geld am Kapitalmarkt angelegt und dann später als Rente ausgezahlt.

Die FDP hatte im Wahlkampf in diesem Zusammenhang für eine gesetzliche Aktienrente geworben – und dabei oft das Beispiel Schweden angeführt.
Dort wird der Rentenversicherungsbeitrag aufgeteilt: Der Großteil der Beiträge fließt ins Umlagesystem (16 Prozent des Bruttoeinkommens), ein kleinerer Teil wird in eine private Aktienrente eingezahlt (2,5 des Bruttoeinkommens). Den Anbieter bzw. die Fonds oder ETFs für diese private Aktienrente können die Beschäftigten selbst auswählen. Alternativ wird in einen staatlichen Fonds für die Aktienrente investiert.

Wann kommt die Aktienrente in Deutschland?

Die Schwierigkeit liegt natürlich in der Umstellung: Würden die Beitragszahlungen ab sofort nur noch in eine kapitalgedeckte Rentenfinanzierung fließen, fehlt Geld zur Begleichung der aktuellen Rentenansprüche. Genau hier setzt das geplante Generationenkapital an: Durch die jährlichen Zahlungen und die Rendite am Kapitalmarkt soll ein Milliarden-Fonds entstehen, dessen Erträge Jahr für Jahr in die Deutsche Rentenversicherung fließen können.

Bedeutet für die Frage „Wann kommt die Aktienrente?“: Finanzminister Lindner geht davon aus, dass so ab Mitte der 30er Jahre Zahlungen aus dem Stiftungsfonds erfolgen können, um so weitere Beitragssteigerungen oder ein Absenken des Rentenniveaus zu vermeiden.

Die Bundesbank hat in Szenarien zur Rentenentwicklung bis 2070 nämlich bereits berechnet, dass

  • der Rentenversicherungsbeitrag deutlich steigen könnte: von aktuell 18,6 Prozent des Bruttogehalts auf 29 Prozent;

  • alternativ das Rentenniveau auf 40,5 Prozent sinken muss (aktuell: 48,1 Prozent) – dann könnte der Beitragsanstieg auf 25 Prozent begrenzt werden;

  • oder das Rentenalter flexibler werden muss, etwa an die Lebenserwartung gekoppelt wird – das könnte dann künftig eine Rente mit 68, Rente mit 69 oder gar Rente mit 70 bedeuten.

Genaugenommen handelt es sich bei der Änderung aber nicht um eine gesetzliche Aktienrente. Natürlich ist das aber stark davon abhängig, wie man die Frage „Was ist die Aktienrente“ beantwortet. Der wichtigste Unterschied zwischen Generationenkapital und Aktienrente: Deutschland schafft mit dem Kapitalfonds eine zusätzliche Finanzierungsmöglichkeit der gesetzlichen Rentenversicherung, um perspektivisch den Bundeshaushalt zu entlasten. Durch die Erträge entsteht aber keine gesetzliche Aktienrente für die einzelnen Versicherten (wie in Schweden), sondern die Entwicklungen bei der Rentenversicherung sollen abgemildert werden – das Geld wird in den großen Rentenversicherungstopf eingezahlt.

Diskussion um das Rentenalter

Beispiel Atomfonds

Unterstützt werden soll die Stiftung Generationenkapital übrigens von einem bereits existierenden staatlichen Fonds: dem „Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“ – kurz „Atomfonds“ oder Kenfo.

Er verwaltet rund 25 Milliarden Euro und soll die Folgekosten der Atomenergie finanzieren – insbesondere auch die Endlagerung radioaktiven Materials. Dazu wird das Stiftungsvermögen seit 2017 an den Kapitalmärkten angelegt. Das Geld war damals von den Betreibern der Atomkraftwerke zur Verfügung gestellt worden.

Rente im Vergleich - Schwedisches Modell oder Vorbild Norwegen?

Das Fondsmodell von Lindners Bundesfinanzministerium ähnelt damit stärker dem norwegischen Staatsfonds. Mit nicht mal 5,5 Millionen Einwohnern hat Norwegen nämlich bereits seit Jahren den größten Staatsfonds der Welt. Dieser bündelt die Sozialversicherungsbeiträge und legt das Geld am Kapitalmarkt an – mehrheitlich in Aktien. Es fließen allerdings auch die Einnahmen aus der Ausbeutung von Gas- und Ölvorkommen Norwegens in den Fonds. Aus den Erträgen wird dann die Rente gezahlt. So erhalten alle Norweger eine Grundrente von rund 1.600 Euro im Monat.

Tatsächlich ähnelt der jetzige Plan für die Aktienrente in Deutschland bzw. das Generationenkapital eher dem norwegischen Modell bzw. dem Vorbild des Atomfonds Kenfo. Das bedeutet für alle Versicherten: Es gibt erst einmal keine Hoffnung auf eine gesetzliche Aktienrente wie es sie im oft zitierten Beispiel Schweden gibt.

Dort zahlen die Menschen in zwei Systeme ein: die umlagefinanzierte Rentenkasse und in ihre private Aktienrente. Als dritte Säule ist auch eine betriebliche Altersvorsorge verpflichtend. Entsprechend erhalten Sie dann später auch mehrere Zahlungen: Neben der normalen gesetzlichen Rente und der Betriebsrente gibt es eben auch die Zahlungen aus der privaten Aktienrente.

Wer dabei auf eine Geldanlage mit einer guten Rendite setzt, bekommt entsprechend mehr. Rund 60 % der Menschen in Schweden legen diesen Teil ihrer Rentenbeiträge im schwedischen Staatsfonds AP7 an. Er gilt auch als „Fonds für Faule“, weil das Geld automatisch dort landet, wenn der Erwerbstätige keine andere Auswahl trifft. Der Fonds investiert überwiegend in Aktien und erreicht oft zweistellige Renditen im Jahr.

Ähnliche Formen der Aktienrente gibt es auch in Dänemark, der Schweiz, Australien und Kanada. Die Niederlande setzen auf die freiwillige Möglichkeit einer solchen Aktienrente. Deutschland nimmt sichalso - nach dem aktuellen Planungsstand - kein direktes  Beispiel an diesen Ländern.

Private Dividendenrente als Alternative?

Mit dem Modell des Generationenkapitals bzw. der Aktienrente wird sich ein Problem vorerst nicht verändern: die Rentenlücke. Den wenigsten Menschen ist leider bewusst, dass das spätere Rentenniveau nur einen Teil der Ausgaben im Alter abdecken kann und wird. Mit den jetzigen Änderungen am Rentensystem geht es aber erst einmal darum, die dramatische Finanzierungssituation der deutschen Rentenversicherung abzumildern. Die persönliche Rentenlücke verändert sich dadurch leider nicht.

Wie hoch ist eigentlich meine Rente?

Eine private Altersvorsorge kann genau diese Lücke abdecken. Genau genommen hat also jeder, der am Kapitalmarkt in Aktien investiert, die Möglichkeit einer privaten Aktienrente. Im Alter lässt sich das Kapital schließlich auch monatlich als Zusatzrente auszahlen – mit einem Auszahlplan. So entsteht eine gute zusätzliche Absicherung.

Die Beispiele des norwegischen oder schwedischen Staatsfonds machen es vor, dass ein Investment in Aktien (oder in Aktien-ETFs) über die Jahre gute Renditen bringen kann und damit das Alter abgesichert werden kann. Selbst unter Berücksichtigung möglicher Krisen lässt sich an den weltweiten Aktienmärkten eine durchschnittliche jährliche Rendite von mehr als 7 Prozent erzielen. Wie das genau für eine Zusatzrente aussehen kann, können Sie ganz einfach mit unserem Rentenrechner ermitteln.

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