Wie Menschen ihr Geld anlegen – das ändert sich ständig. Eine aktuelle Studie zeigt, welche Geldanlagen aktuell besonders gefragt sind …
Herr Dr. Elser, zum 1.1.2018 tritt die Reform der Investmentbesteuerung in Kraft. Was ändert sich an diesem Stichtag?
Dr. Thomas Elser: Die derzeit noch geltende, transparente Fondsbesteuerung wird ohne zeitliche Übergangsregelung durch ein völlig neues, sogenanntes intransparentes Besteuerungsregime ersetzt. In diesem unterliegt dann künftig der Fonds selbst mit seinen deutschen Einkünften wie Dividenden von deutschen Aktien und Immobilienerträge aus Grundvermögen in Deutschland der Körperschaftsteuer. Das gilt unabhängig vom Sitz des Fonds, wodurch in- und ausländische Fondsanlagen gleichgestellt werden sollen.
Zusätzlich zur Besteuerung auf Fondsebene wird auch der Fondsanteilseigner besteuert. Und zwar bei Ausschüttungen aus dem Fonds und Gewinnen aus der Veräußerung oder Rückgabe seiner Fondsanteile. Bei thesaurierenden Fonds wird zusätzlich eine sogenannte Vorabpauschale auf Anlegerebene besteuert. Mit diesen Erträgen unterliegt der Fondsanteilseigner der Abgeltungsteuer von derzeit noch maximal 25 Prozent, zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer.
Damit besteht eine Mehrfachbesteuerung. Zur Abmilderung dieser Mehrfachbesteuerung hat der Gesetzgeber im neuen Investmentsteuergesetz unterschiedliche Teilfreistellungen vorgesehen, die pauschaliert die Vorbelastung berücksichtigen sollen.
Wie hoch fallen diese Freistellungen aus?
Dr. Thomas Elser: Bei Aktienfonds mit einer Aktienquote von mindestens 51 Prozent kommt eine Teilfreistellung von 30 Prozent zur Anwendung, bei Mischfonds mit einem Aktienanteil von mindestens 25 Prozent beträgt sie 15 Prozent. Daneben gibt es Teilfreistellungen für Immobilienfonds von 60 Prozent, beziehungsweise 80 Prozent bei ausländischen Immobilien.
Sie haben bereits die Vorabpauschale für alle Fonds angesprochen. Was steckt dahinter?
Dr. Thomas Elser: Die neue Investmentfondsbesteuerung besteuert den Anleger grundsätzlich nur noch, wenn er tatsächliche Zahlungen aus dem Fonds erhält. Also Ausschüttungen oder Fondsanteilsveräußerungsgewinne. Thesaurierte Erträge werden dem Anleger für steuerliche Zwecke nicht mehr zugerechnet; die bisherigen ausschüttungsgleichen Erträge fallen ersatzlos weg. Zur Abmilderung der hierdurch bei Anlegern erzielbaren Stundungsvorteile hat der Gesetzgeber die Besteuerung der Vorabpauschale eingeführt. Sie kommt zur Anwendung, wenn der Fonds seine Gewinne einbehält und stellt eine Art Thesaurierungsbesteuerung dar. Die Vorabpauschale basiert auf einem genormten Basiszinssatz (Anmerkung: Stand Anfang 2016: 1,1 Prozent) und stellt einen fiktiven Zufluss beim Anteilseigner zum Beginn des folgenden Kalenderjahres dar.
Werden Anleger dadurch nicht benachteiligt?
Dr. Thomas Elser: Nein. Die Vorabpauschale stellt keine dauerhafte Steuermehrbelastung dar. Zwar muss der Anleger die Steuer auf die Vorabpauschale aus seinem verfügbaren Vermögen begleichen. Die während der Haltedauer versteuerten Vorabpauschalen werden beim Fondsanteilsverkauf allerdings bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns wieder entgegengerechnet. Im Übrigen kann eine Besteuerung durch die Vorabpauschale dadurch vermieden werden, dass der Anleger Fonds auswählt, die zumindest in Höhe der Vorabpauschale Ausschüttungen an den Anleger auszahlen.
Betrifft die Neubesteuerung ausschließlich deutsche Steuerzahler?
Dr. Thomas Elser: Die neu geregelte Anlegerbesteuerung ist nur relevant für in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Anleger mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland. Die Nationalität spielt hierbei keine Rolle.
Was sollten „Steuerausländer“ beachten?
Dr. Thomas Elser: Steuerausländer sollten bei Fondsanlagen mit inländischen Vermögenswerten – beispielsweise deutsche Aktien – die renditeschmälernde, definitive Belastung der Erträge auf Fondsebene ins Kalkül einbeziehen.
Welche Auswirkungen haben die Veränderungen für Privatanleger, die Altanteile halten?
Dr. Thomas Elser: Mit der Inkraftsetzung des neuen Rechts zum 1. Januar 2018 verlieren Investmentfonds, die vor dem 1. Januar 2009 erworben wurden, ein wichtiges steuerliches Privileg: Veräußerungsgewinne aus solchen Altanteilen unterliegen wegen den Übergangsregelungen bei der Einführung der Abgeltungsteuer bislang keiner Einkommensbesteuerung. Dieses Grandfathering wird zum Jahresende abgeschafft, indem Altfondsanteile fiktiv zum 31. Dezember 2017 als veräußert gelten und zum 1. Januar 2018 als fiktiv wieder angeschafft gelten.
Ihre Empfehlung: Altanteile verkaufen, bevor die steuerliche Begünstigung wegfällt, oder doch besser halten?
Dr. Thomas Elser: Akuter Handlungsbedarf ergibt sich allein aus steuerlichen Gründen daraus nicht, weil nur die ab dem 1. Januar 2018 eintretenden neuen Wertsteigerungen erfasst werden. Alle Werterhöhungen bis zum Jahresende bleiben auch dauerhaft von der Steuer verschont. Durch einen vorzeitigen Verkauf in 2017 kann daher kein steuerlicher Vorteil erzielt werden.
Zusätzlich hat jeder Anleger für die künftig der Besteuerung unterliegenden Veräußerungsgewinne aus Altfondsanteilen einen Freibetrag von 100.000 Euro. Erst wenn dieser aufgebraucht ist, werden entsprechende Gewinne dem dann gültigen Steuersatz unterworfen.
Ist es möglich, den Freibetrag zu vererben oder an Familienmitglieder zu überschreiben?
Dr. Thomas Elser: Der Freibetrag ist ein persönlicher Freibetrag. Er selbst ist nicht vererbbar oder auf Familienmitglieder übertragbar. Allerdings können Altfondsanteile unentgeltlich innerhalb der Familie übertragen werden.
Wie genau funktioniert das?
Dr. Thomas Elser: Das ist auf dem Wege der Schenkung oder des Erbes möglich. Hier greift dann die sogenannte „Fußstapfentheorie“: Die in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven gehen auf die Beschenkten oder Erben über, die in die steuerliche Rechtsstellung des Schenkers oder Erblassers eintreten. Bei späteren Veräußerungen der Altfondsanteile können dann die Beschenkten oder Erben ihren eigenen Freibetrag nutzen. Die Wirkung des Freibetrags kann so vervielfältigt werden.
Was geschieht mit dem Freibetrag, wenn ich Altanteile mit Verlust verkaufe?
Dr. Thomas Elser: Werden ab 2018 Altfondsanteile mit Verlust (Anm.: gerechnet ab dem Wert zum 1.1.2018) veräußert, so lebt ein Freibetrag aus der Veräußerung von Altfondsanteilen, der gegebenenfalls zuvor bereits zum Teil verbraucht wurde, wieder auf. Der Freibetrag „atmet“ quasi, mit dem Ziel, dass der Steuerpflichtige einmal im Leben in der Summe Gewinne ab dem 1.1.2018 aus Altfondsanteilen in Höhe des Freibetrags steuerfrei vereinnahmen kann.
Welche Anlagen sind künftig steuerlich attraktiv?
Dr. Thomas Elser: Prinzipiell sollten Steuern nicht der Hauptgrund für eine Anlageentscheidung sein. Allerdings lohnt es sich, insbesondere wegen der unterschiedlichen Teilfreistellungen für verschiedene Arten von Investmentfonds bei der Entscheidung sinnvoll zu differenzieren. Je nach steuerlicher Qualifikation des Fonds und der über den Fonds gehaltenen Vermögensgegenstände ergeben sich ganz unterschiedliche effektive Steuerbelastungen und somit auch Schmälerungen der Nettorendite des Anlegers. Dies resultiert aus der groben Einteilung der Fondsklassen in Aktien-, Misch-, Immobilien- oder sonstige Fonds. Je nach Portfolio ist ein Screening der relevanten Investmentfonds sicherlich empfehlenswert – sowohl für den aktuellen Bestand als auch für die noch in diesem Jahr anfallenden Anlageentscheidungen. Doch auch ohne eine solche detaillierte Analyse lassen sich bereits jetzt einige wichtige Aussagen zu den Belastungsunterschieden machen:
- Aufgrund des derzeit sehr niedrigen Basiszinssatzes haben thesaurierende Rentenfonds einen Vorteil gegenüber der Direktanlage.
- Gleiches gilt für Aktienfonds mit einer Aktienquote von mindestens 51 Prozent. Hier profitieren auch die restlichen Fondserträge von der hohen Teilfreistellung.
- Mischfonds mit Aktienquoten unter 25 Prozent sind dagegen steuerlich uninteressant, da keine Teilfreistellung zur Anwendung kommt.
- Immobilienfonds mit inländischen Immobilien sind gegenüber direkten Immobilieninvestments attraktiv in Bezug auf die laufende Besteuerung. Allerdings werden künftig ab dem 1. Januar 2018 erzielte und realisierte Wertsteigerungen auf Fondsebene unabhängig von der sonst noch geltenden Haltefrist von zehn Jahren besteuert.
Je nach Risikoprofil und Anlagepräferenzen lassen sich durch die Fondsanlage insgesamt unter Einbeziehung der neuen steuerlichen Rahmenbedingungen weiterhin erhebliche Vorteile im Vermögensaufbau erreichen. Die Fondsanlage bleibt in sehr vielen Fällen attraktiv. Von zentraler Bedeutung wird künftig die steuereffiziente Aufteilung des Gesamtvermögens auf teilfreistellungsoptimierte Investmentfonds sein.
Dr. Thomas Elser hat langjährige Erfahrung in der Beratung bei Unternehmenstransaktionen und Investmentstrukturen.
Sein Studium absolvierte er in Stuttgart. Nach Lehrstuhltätigkeit und Promotion an der Universität Hohenheim war er von 2001 bis 2014 bei einer internationalen Wirtschaftskanzlei tätig. Seit 2015 berät er bei TAXGATE Unternehmen, Banken, Finanzinvestoren, Family Offices und Privatpersonen bei steuerlichen Strukturierungsfragen. Dr. Elser hält regelmäßig Vorträge zu steuerlichen Aspekten der Kapitalanlage und veröffentlicht insbesondere zu aktuellen Entwicklungen im Bereich des Investmentsteuerrechts und des internationalen Steuerrechts. Er kommentiert wesentliche Teile des Investmentsteuergesetzes im Standard-Kommentar Beckmann/Scholtz/Vollmer, Investment-Handbuch und nimmt im altii-Blog zu aktuellen steuerlichen Themen aus der Sicht institutioneller Investoren Stellung.