Jedes Jahr im März - zum Equal Pay Day - veröffentlicht das Statistische Bundesamt, alarmierende Zahlen, …
Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern wirkt sich bis zum Rentenalter nämlich drastisch verstärkend aus. Deshalb ist die Rentenlücke für Frauen (Pension Pay Gap) noch höher als der Gehaltsunterschied (Gender Pay Gap). Eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) kommt zu folgendem Ergebnis:
Nimmt man gesetzliche Rente, betriebliche und private Alterssicherung zusammen, beziehen Frauen durchschnittlich ein um 49 Prozent niedrigeres Alterseinkommen als Männer.“
Es gibt viele Gründe, warum dieser Unterschied so groß ist.
Einkommen: Frauen verdienen weniger
Der wichtigste Faktor ist das Einkommen: Frauen verdienen im Durchschnitt rund 18,3 Prozent weniger als Männer. Laut dem Statistischen Bundesamt beträgt das Durchschnittseinkommen von Frauen 19,12 Euro brutto in der Stunde (2021). Das Einkommen von Männern beträgt durchschnittlich 23,20 Euro brutto je Stunde.
Gegenüber dem Jahr 2020 hat sich der Gehaltsunterschied Frauen-Männer nur minimal verringert: Statt 4,16 Euro je Stunde betrug der Unterschied 2021 4,08 Euro je Stunde.
Das Gender Pay Gap in Deutschland ist damit deutlich höher als im EU-Durchschnitt (13 Prozent). Nur in Lettland (22,3 Prozent), Estland (21,1 Prozent) und Österreich (18,9 Prozent) gibt es einen noch höheren Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern. Am geringsten ist das Gender Pay Gap in Luxemburg (0,7 Prozent), Rumänien (2,4 Prozent), Slowenien (3,1 Prozent) und Italien (4,2 Prozent).
Auffällig ist ein besonders großer Unterschied zwischen Ost und West. Während der Gehaltsunterschied im Osten Deutschlands bei 6 Prozent liegt, verdienen Frauen im Westen Deutschlands 19 Prozent weniger als Männer.
Mit verantwortlich gemacht für den großen Unterschied wird oft auch das Ehegattensplitting. Paaren wird durch das Ehegattensplitting ermöglicht, das vom jeweils höheren Gehalt weniger Einkommensteuer abgezogen wird – für das niedrigere werden dann mehr Steuern berechnet. Für die Partner mit dem geringeren Einkommen lohnt es sich so weit weniger, eine Lohnerhöhung anzustreben, weil sich kaum ein höheres Nettoeinkommen ergibt. Frauen betrifft das deutlich öfter als Männer.
Arbeitsplätze: Frauen haben andere Jobs
Ein entscheidender Grund für die große Lohndifferenz Frauen-Männer sind die ausgeübten Beschäftigungen. So führt das Statistische Bundesamt (destatis) den Unterschied auch darauf zurück,
dass Frauen häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird und sie seltener Führungspositionen erreichen“.
So arbeitet beispielsweise nur jede zehnte vollzeitbeschäftigte Frau in einer Leitungsposition, bei Männern ist es mehr als jeder Achte.
Überdurchschnittlich viele Frauen arbeiten in eher schlechtbezahlten Branchen, Beispiele dafür sind Pflegekräfte, der Einzelhandel oder Reinigungsdienste. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) rechnet deshalb damit, dass die Einkommen von Frauen sich durch die Anhebung des Mindestlohns verbessern werden. Der Mindestlohn wurde zum 01. Januar 2022 von 9,60 Euro je Stunde auf 9,82 Euro angehoben (brutto), ab 1. Juli soll er auf 10,45 Euro steigen, zum 1. Oktober auf 12 Euro. Davon werden „vor allem Frauen profitieren“, betont der Minister.
Hinzu kommt: Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit als Männer. Deutlich häufiger als bei Männern kommt es außerdem zu Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit, etwa durch Schwangerschaft, Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen.
Rentenlücke: Frauen deutlich stärker betroffen
Auffällig ist auch, dass Frauen deutlich häufiger in Teilzeit- oder Minijobs arbeiten. Daraus ergeben sich deutlich geringere Renten für Frauen.
Wesentlicher Maßstab für die Rentenberechnung sind nämlich die Rentenpunkte, die im Laufe eines Erwerbslebens gesammelt werden. Berechnet werden die Punkte anhand des Durchschnittsverdienstes in Deutschland: Wer exakt das Durchschnittseinkommen verdient, bekommt im Westen Deutschlands einen Rentenpunkt – im Osten sind es 1,042 Punkte. Das (vorläufige) Durchschnittentgelt 2022 wird von der Deutschen Rentenversicherung mit 38.901 Euro im Jahr angegeben (brutto). Umgerechnet sind das 3.241,75 Euro monatlich.
Beispiel Rentenlücke
Ein Beispiel: Eine Frau, die im Monat 2.000 Euro Bruttoeinkommen hat, bekommt im Westen Deutschlands dieses Jahr 0,617 Rentenpunkte, im Osten sind es 0,643. Ein Mann im Westen bekäme allerdings 19 % mehr (2.469,14 Euro monatlich, 0,762 Rentenpunkte), im Osten 6 % mehr (2.127,66 Euro monatlich, 0,684 Rentenpunkte).
Über das gesamte Erwerbsleben kann sich der Unterschied für Frauen – z.B. bei einem höheren Gehalt - auf bis zu 15 Rentenpunkte summieren. Wird einige Zeit nicht oder in Teilzeit gearbeitet, kann die Differenz sogar noch deutlich höher ausfallen.
Da die monatliche Rente durch die Multiplikation der Rentenpunkte mit dem Rentenwert (aktuell: 34,19 Euro West und 33,47 Euro Ost) berechnet wird, ergibt sich allein daraus ein Unterschied von knapp 500 Euro im Monat.
An diesen Faktoren zur Rentenberechnung liegt es, dass die Rentenlücke Frauen deutlich stärker betrifft. Das zeigt sich auch bei der Grundrente: Rund 70 Prozent der Empfänger sind weiblich. Durchschnittlich gibt es bei diesem Zuschlag zur Rente allerdings auch gerade einmal 75 Euro im Monat mehr.
Geldanlage: Frauen sparen anders
Das geringe Einkommen im Alter wird aber nicht allein durch die Berechnungsmechnanismen der Deutschen Rentenversicherung verursacht. Auch aus Betriebsrenten und privater Altersvorsorge bekommen Frauen weniger.
Denn: Frauen investieren weniger in die Kapitalmärkte als Männer. So profitieren sie weit weniger von den dort erzielten Renditen. Dabei legen Frauen – trotz geringeren Einkommens – oft ähnlich viel Geld zurück wie Männer. Doch auf dem Sparbuch oder einem Sparkonto verliert das Geld leider an Wert. Weil es kaum noch Zinsen gibt oder sogar Negativzinsen anfallen, gleichzeitig durch die Inflation alles teurer wird, entsteht de facto Jahr für Jahr ein Kaufkraftverlust.
Als Grund gilt oft die Angst vor möglichen Kursschwankungen. Gerade aktuell zeigen sich die Märkte sehr unruhig. Doch langfristig führt das Wirtschaftswachstum dazu, dass aus dem investierten Geld mehr werden kann.
Dabei zeigen Studien zur Geldanlage: Frauen sind oft erfolgreicher als Männer. Meist liegt das daran, dass Frauen stärker auf die Strategie Buy and hold setzen. Sie schichten ihr Investment deutlich weniger um – und erzielen damit im Endeffekt bessere Ergebnisse. Dagegen tendieren Männer dazu, sich selbst zu überschätzen und durch häufigen Handel mit Aktien oder anderen Wertpapieren die Rendite ihrer Geldanlage zu schmälern. Das zeigen auch Untersuchungen von Aktiendepots in Deutschland, etwa der ING Bank. Eine Studie der Universität Berkeley fasst das so zusammen:
Männer senken ihre Investmenterfolge deutlich stärker durch exzessives Handeln als Frauen.“
Es gibt also gar keinen Grund, warum Frauen sich beim Investieren zurückhalten sollten. Denn: