Finanzplanung mit Köpfchen: Dass Sie Teile Ihres Einkommens sparen sollten, ist Ihnen sicher klar – egal ob …
Was den Experten Kleinlein aufregt, ist eine Ankündigung der Allianz ihre künftigen Lebensversicherungen betreffend. Die Neuerung der Versicherung hatte für ordentlich Wirbel gesorgt: Künftig will die Allianz nämlich nicht mehr garantieren, dass Kunden, die für ihre Altersvorsorge eine Lebensversicherung bei dem Konzern abschließen, mindestens ihre jahrelang eingezahlten Beiträge zurückbekommen.
Kleinlein beschreibt das in einem Beitrag für das Manager-Magazin so: „Wer heute hundert Euro in den Sparstrumpf steckt, hat in zehn Jahren noch immer hundert Euro. Bei der Allianz kann man zukünftig nur noch sicher sein, dass es 90, 80 oder gar nur 60 Euro sind. Wer hätte gedacht, dass es die Allianz aufgibt, Produkte anzubieten, die zumindest Verlust verhindern? Wer hätte gedacht, dass der Sparstrumpf einmal bessere Garantien bringt als die Allianz?“
Denn das Garantieversprechen der Allianz ändert sich ab 1. Januar 2021 komplett. Deutschlands größter Versicherer will umstellen auf Lebensversicherungen mit „zeitgemäßen Garantien“. Konkret bedeutet das: Kunden sollen sich in verschiedenen Modellen aussuchen, welche Art von Beitragsgarantie sie wünschen. Es soll Varianten geben, in denen 90, 80 oder nur 60 Prozent der Beiträge garantiert werden. Ausnahmen soll es nur bei Produkten geben, bei denen der Gesetzgeber eine volle Beitragsgarantie vorschreibt – etwa bei der Riester-Rente oder der betrieblichen Altersvorsorge.
Konkret heißt das: Wer als Kunde etwa 35 Jahre lang monatlich 250 Euro für eine Lebensversicherung bezahlt – in der Summe also 105.000 Euro – dem garantiert die Allianz im schlechtesten Fall dann nur noch, dass er 63.000 Euro für seine Altersvorsorge zurückbekäme. Das bedeutet, dass während der Laufzeit der Lebensversicherung Kapital vernichtet wird.
Bleibt die Frage: Wie sinnvoll ist eine Lebensversicherung?
Die Reaktionen auf die Ankündigung: „In der Lebensversicherung geht eine Ära langsam zu Ende“, urteilt die Frankfurter Allgemeine Zeitung, “Tabu gebrochen”, heißt es beim Manager Magazin.
Verbraucherschützer raten sogar ausdrücklich ab: „Unter den aktuellen Marktbedingungen sind klassische Lebensversicherungs-Produkte für die Altersvorsorge ungeeignet“, heißt es aus der Verbraucherzentrale Bremen, der Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisiert: „Lebensversicherungen zu diesen Konditionen sind endgültig nicht mehr zu empfehlen. Verbraucher sollten solche Verträge nicht abschließen.“ Und Axel Kleinlein, selbst früher Mathematiker bei der Allianz, urteilt: „Das ist eine historische Zäsur.“
Was die Nullzins-Politik damit zu tun hat
Hintergrund der Entscheidung ist die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank. Wer ein Tagesgeldkonto oder Festzins-Verträge hat, weiß, dass es so gut wie keine Zinsen mehr gibt – oder dass bei vielen Banken mittlerweile sogar Strafzinsen erhoben werden.
Will ein Versicherer Geld anlegen, steht er vor ganz ähnlichen Problemen: Auf dem Kapitalmarkt gibt es kaum attraktive Festzins-Angebote oder entsprechend solide Anleihen. Genau diese benötigt eine Lebensversicherung aber, will sie die eingezahlten Beiträge ihrer Kunden absichern.
Das neue Modell der Allianz für Lebensversicherungen soll es daher ermöglichen, das eingezahlte Kapital etwa in anderen Assetklassen anzulegen – in Aktien, ETFs, Derivaten. So sollen höhere Renditen erzielt werden – bei gleichzeitig höherem Risiko. Bedeutet: „Die Lebensversicherung wird anderen Geldanlagen immer ähnlicher“ wie das Handelsblatt zusammenfasst.
Dabei konnte sich gerade die Allianz nicht beschweren, dass das Geschäft mit der Altersvorsorge schlecht läuft. Für das letzte Jahr hatte die Allianz sogar einen regelrechten Boom gemeldet: Um rund 38 Prozent war das Neugeschäft in der Lebensversicherung (Vergleich zum Vorjahr) angestiegen, meldete der Konzern stolz. Experte Kleinlein sieht die Probleme aber vor allem bei dem Versicherer selbst. Sein Urteil: „Wie konnte es so weit kommen? Hohe Kosten, niedrige Zinsen und Fehlkalkulation. Diese Mischung hat die gesamte Lebensversicherungsbranche in Deutschland an den Abgrund gebracht, vorneweg den Branchenführer.“
Die Probleme der Lebensversicherung: Kosten, Kosten, Kosten
Gerade bei der Frage „Wie viel kostet eine Lebensversicherung?“ ist das Produkt für die Altersvorsorge nämlich nicht sehr attraktiv. Und das liegt laut Kleinlein vor allem an der Branche der Lebensversicherungen selbst:
- Modernisierung und Digitalisierung wurden verschlafen: „Intern arbeiten viele Unternehmen mit veralteter, ineffizienter und teurer IT. Digitalisierung ist als Schwerpunktthema erst seit ein paar Jahren in den Versicherungshäusern angekommen. Viel zu spät. Das erfordert Geld und erhöht die Kosten“, so Kleinlein.
- Hinzu kommt, dass für die Lebensversicherungen als Produkt der Altersvorsorge (Ratgeber zu dem Thema) oft hohe Provisionen gezahlt werden. Denn obwohl die Allianz Schwierigkeiten sieht, für Kunden eine gute Rendite zu erwirtschaften, werden an Vertriebsmitarbeiter oft stattliche Summen gezahlt. Tendenz steigend, wie Kleinlein beschreibt: „Gemessen an den garantierten Leistungen fließt für den Verkauf einer Lebensversicherung als Altersvorsorge heute das zwei- bis dreifache wie in den 90ern.“ Eine Begrenzung dieser Kosten für die Lebensversicherung ist nicht in Sicht: „Die Branche wehrt sich erfolgreich gegen eine Begrenzung dieser Provisionen“, beschreibt der Experte.
- Kleinlein sieht auch einen direkten Zusammenhang zwischen Kosten und der Beitragsgarantie: „Wenn die Allianz also zukünftig nur noch den Verlust garantieren wird, dann liegt das auch ganz besonders an den Kosten. Anstatt aber die Kosten zu senken und sich womöglich mit dem Vertrieb anzulegen, wird die Allianz den Kundinnen und Kunden zukünftig also nur noch den Verlust garantieren.“
Sein Urteil: Die Versicherungen haben sich verkalkuliert – und wälzen das miese Ergebnis nun auf ihre Kunden um, die eigentlich nur eine solide Altersvorsorge wollen. Als Versicherungsmathematiker weiß er natürlich, dass jede Lebensversicherung Rechner damit beschäftigt, Chancen und Risiken möglicher Szenarien durchzurechnen. Entsprechend hätten Lebensversicherer schon viel früher die veränderten Bedingungen an den Kapitalmärkten voraussehen und reagieren müssen.
Kleinleins Urteil: „Noch nie hat sich eine Branche so dermaßen brutal verkalkuliert wie die deutschen Lebensversicherer".
Flexible Alternativen für die Altersvorsorge
Wer sich mit den Themen Absicherung und Rente beschäftigt, weiß allerdings wie wichtig die systematische Vorsorge ist. Sparen fürs Alter und Vermögensaufbau ist angesichts der Rentenentwicklung wichtiger denn je – das gilt gleichermaßen für Angestellte wie für Selbständige.
Doch hat gerade auch die Coronakrise gezeigt, dass ein modernes Produkt für die Altersvorsorge auch flexibel sein muss. Schließlich können sich die Lebensumstände plötzlich und schnell ändern. Mit einer klassischen Lebensversicherung stellt sich dann die Frage: „Kann man sich eine Lebensversicherung auszahlen lassen?“
Einfach wird das nicht. Die Experten des Verbraucherportals Finanztip schreiben dazu: „eine Kündigung des Vertrags ist immer die schlechteste Alternative, bei der am meisten Geld verloren geht. Die Versicherung zahlt nur den aktuellen Rückkaufswert der Police zurück.“ Und der ist oft deutlich niedriger.
Kein Wunder also, dass digitale Alternativen einen regelrechten Boom erleben - und total angesagt sind. Fondssparen, Robo Advisor oder ETF Sparplan Rechner sind gefragt wie nie, egal ob es sich dabei um herkömmliche oder nachhaltige ETFs handelt.
Alternativen wie ETF sparen sind also oft viel flexibler als Lebensversicherungen, die Kosten sind klar und transparent, und sie sind gut als Variante für die Altersvorsorge nutzbar.
Gerade wer sein Geld jahrelang liegen lassen (oder durch einen monatlichen Sparplan ein Vermögen ansparen will) und dafür eine anständige Rendite erwirtschaften möchte, ist mit Robo Advisory gut beraten. Neben der ETF Auswahl kümmern sich digitale Vermögensverwalter wie growney nämlich auch um regelmäßiges Rebalancing und die Überprüfung der Fonds. Selbstverständlich wird auch berücksichtigt, ob Ihnen nachhaltig investieren besonders wichtig ist. Damit Ihre Altersvorsorge zu Ihnen und Ihren Bedürfnissen passt.