Ran an die Rente. Die Bundesregierung will wichtige Änderungen für die staatliche Rente. 2024 wurde dazu Ende Mai ein Gesetz beschlossen, das auch künftig die Finanzierung des staatlichen Rentensystems …
Die von Bundesfinanzminister Christian Lindner geführte FDP hat bereits mehrfach deutlich gemacht, dass sie die private Vorsorge künftig steuerlich fördern will. Auch der Koalitionsvertrag auf dem Jahr 2021 mit SPD und Grünen sah eine solche Ergänzung zur staatlichen Rente vor. Mittlerweile gibt es dazu offenbar einen konkretes Gesetztesentwurf, bei dem einige Details noch abgestimmt werden.
Interview: Plan für steuerfreie Sparpläne und Depots
Im Interview mit Dr. Florian Toncar (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen verrät dieser mehr über die Pläne für ein Altersvorsorgedepot bzw. für ETF-Sparpläne als eine Art Aktienrente.
Hallo Herr Dr. Toncar. Offenbar plant das von FDP-Chef Christian Lindner geführte Bundesfinanzministerium eine wichtige Änderung für die private Altersvorsorge. Was ist da ganz genau geplant?
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Wir planen, die geförderte private Altersvorsorge grundlegend zu reformieren und ihr wieder neues Leben einzuhauchen.
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Unser Ziel ist es, ein einfaches, transparentes und effizientes Angebot zur Sicherung des Lebensstandards im Alter zu schaffen, das eine breite Bevölkerungsschicht anspricht. Als zentralen Baustein schaffen wir dafür ein förderfähiges Altersvorsorgedepot ohne Garantie.
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Die Idee dahinter ist, chancenreichere Anlagen mit höheren Renditen zu ermöglichen und zudem den Wettbewerb unter den Anbietern zu fördern.
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Gleichzeitig soll die Förderungssystematik einfacher und unbürokratischer werden. Außerdem schaffen wir eine digitale Plattform, mit der Verbraucher leicht Angebote miteinander vergleichen können.
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Inhaber von Riester-Verträgen müssen sich im Übrigen keine Sorgen machen. Sie können ihren Vertrag wie bisher weiterführen.
Zur Person: Dr. Florian Toncar war von Dezember 2021 bis November 2024 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, das von Christian Lindner geführt wurde. Der gebürtige Hamburger sitzt für die FDP im Bundestag und ist Mitglied im Bundesvorstand der Partei. (Foto: Bundesministerium der Finanzen)
Welche Bedingungen werden dann voraussichtlich für ein solches Altersvorsorgedepot gelten?
- Das Altersvorsorgedepot wird eine geeignete Auswahl von Anlagemöglichkeiten beinhalten können. Bedingung ist, dass die Verbraucher diese auch selbst erwerben könnten. Möglich sein sollen zum Beispiel Fonds oder Anleihen, auch günstige ETFs.
- Als Vertragspartner und damit depotführende Stelle fungiert der jeweilige Anbieter. Auch Lebensversicherer können das Altersvorsorgedepot als fondsgebundene Lebensversicherung ohne Garantie und mit Verrentungsoption anbieten.
- Darüber hinaus werden wir für diejenigen Altersvorsorgenden, die einen hohen Wert auf Sicherheit legen, Garantieprodukte fördern. Hier werden 80 oder 100 Prozent des angesparten Kapitals zu Beginn der Auszahlungsphase zur Verfügung stehen müssen.
- Für die Anbieter bedeutet das, dass sie ihre bestehenden Riester-Produkte für das Neugeschäft anpassen oder grundlegend neue Produkte anbieten können.
Ganz konkret: Welche staatlichen Zuschüsse und welche Höchstgrenzen sind für eine steuerfreie Einzahlung geplant?
- Zu konkreten Zahlen kann ich noch keine Angaben machen, daher nur so viel:
- Wir setzen weiterhin auf die bisherige Fördersystematik mit steuerlicher Förderung über Zulagen und Sonderausgabenabzug und nachgelagerter Besteuerung in der Auszahlungsphase. Damit halten wir an einem System fest, bei dem untere Einkommensgruppen, Berufseinsteiger und Eltern von Kindern besonders hohe Förderquoten erreichen können.
- Wie von der Fokusgruppe private Altersvorsorge empfohlen, wollen wir die Förderung vereinfachen und außerdem mehr Anreize für Eigenbeiträge schaffen.
- Dabei sollen Altersvorsorgedepots genauso gefördert werden wie „Riester-Nachfolgeprodukte“ mit Beitragserhaltungsgarantie.
Jeder Kunde bei growney, bei anderen digitalen Vermögensverwaltern, Banken, Sparkassen oder Neobrokern kann also künftig ein Depot als „Altersvorsorgedepot“ kennzeichnen und dann
- die Einzahlungen bis zu einer Höchstgrenze von der Einkommensteuer absetzen?
- Erträge komplett reinvestieren, ohne dass Abgeltungssteuer berechnet wird?
- beliebig oft im Depot umschichten, ohne dass dies steuerliche Auswirkungen hat?
- Korrekt, wenn es sich um einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag handelt. Wie bisher bei Riester können Sie dann in der Ansparphase Ihre Sparbeiträge sowie die erhaltenen Zulagen von der Steuer absetzen; für Erträge wird in der Ansparphase keine Abgeltungssteuer fällig. Erst in der Auszahlungsphase fallen die Erträge dann unter Ihren persönlichen Einkommenssteuersatz, der aber oft niedriger ist als während des Erwerbslebens.
Der Gesetzesentwurf des Bundesfinanzministeriums sieht offenbar vor, dass die Versteuerung dann erst mit der Auszahlung aus dem Altersvorsorgedepot erfolgt. So können Zahlungen deutlich stärker vom Zinseszinseffekt profitieren. Lässt sich an einem Beispiel erläutern, wie groß der Effekt für jemanden ist, der die nächsten 30 Jahre monatlich 200 Euro in ein solches Altersvorsorgedepot einzahlt und damit durchschnittlich 6,5 % Rendite erzielt?
- Wenn Sie die nächsten 30 Jahre monatlich 200 Euro in ein Altersvorsorgedepot einzahlen und damit durchschnittlich 6,5 Prozent Rendite pro Jahr erzielen, haben Sie am Ende in der Summe 72.000 Euro eingezahlt- aber fast 210.000 Euro im Depot. Rund zwei Drittel Ihres Vorsorgevermögens entfällt also auf Kapitalerträge.
- Bei dieser Beispielrechnung noch außen vor bleiben übrigens die Zulagen, die auch direkt auf Ihr Altersvorsorgedepot eingezahlt werden und den Zinsenzinseffekt noch verstärken.
- Es wird sich also lohnen, früh mit dem Altersvorsorgedepot vorzusorgen.
Bislang handelt es sich um einen Gesetzentwurf, der noch mit Ihren Koalitionspartnern abgestimmt werden und dann von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden muss. Wann rechnen Sie schlussendlich mit Inkrafttreten des Gesetzes?
- So bald wie möglich, wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Manche Regelungen sind aber einfacher und schneller umzusetzen als andere, die administrativ einen größeren Vorlauf benötigen - die geförderte private Altersvorsorge funktioniert schließlich nur im Zusammenspiel aus Altersvorsorgenden, Anbietern, Zulagenstelle und Steuerbehörden. Wir planen daher ein gestaffeltes Inkrafttreten des Gesetzes und prüfen momentan die Details.
Die zuletzt eingeführten Modelle wie Riester-Rente und Rürup-Rente wurden nach ihren Schöpfern benannt. Rechnen Sie also damit, dass in einigen Jahren dann umgangssprachlich von der Toncar-Rente oder Lindner-Rente gesprochen wird statt von einem Altersvorsorgedepot?
- Der Arbeitstitel „Altersvorsorgedepot“ ist vielleicht noch nicht der Weisheit letzter Schluss, eine Verknüpfung mit Namen einzelner Politiker aber auch nicht. Ich würde mich freuen, wenn wir am Ende einen Namen finden, der die Chancen dieses gänzlich neuen Angebots in der privaten Altersvorsorge in den Mittelpunkt rückt. Darum geht es uns ja: Menschen ein attraktives Angebot zu machen, eigenverantwortlich ihren Lebensstandard im Alter zu sichern.
Verraten Sie uns zum Abschluss noch eines, Herr Dr. Toncar: Sorgen Sie als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium mit Wertpapieren fürs Alter vor? Und wenn ja: Welche Wertpapiere bevorzugen Sie persönlich?
- Ja, über verschiedene Fonds. Keine Einzelaktien aus Compliance-Gründen.
Hinweis vom 07.11.2024: Das Interview wurde im Juni 2024 geführt. Mehr Details zu den Vorschlägen des - mittlerweile entlassenen - Bundesfinanzministers Christian Lindner, gibt es hier.